Review

Sifu · Test

Veröffentlicht am 10.06.2022 von Soul-1

Titelbild von Sifu (PC, PS4, PS5)

Ein Beat’em Up der anderen Art

Während 2D Beat’em Ups immer wieder in den verschiedenen Generationen ihre Vertreter finden wie z.B. Final Fight, Dragon’s Crown oder der bekannteste neueste Genre Ableger Streets of Rage 4, sieht es bei 3D Spielen etwas anders aus und sind eher eine Seltenheit.

Angefangen mit Fighting Force, hat sich das 3D Beat’em Up Genre in verschiedenste Richtungen entwickelt. Darunter Spiele wie Devil May Cry und Bayonetta, die extrem übertriebene Action liefern oder anderes wie z.B. Dynasty Warriors, das eher in Richtung Hack’n Slay geht.

SIFU geht eher zurück zu den Wurzeln, indem man sich von einer Mission zum nächsten prügelt. Dabei werden einige interessante Gameplay Ideen eingesetzt und daraus entstand eine Mischung aus klassischen Arcade mit einer Infusion von RPG Elementen.

Auf den ersten Blick kann das Spiel ein wenig komplex erscheinen, doch in Wirklichkeit sind das Design und der Gedanke dahinter sehr leicht zu verstehen.

Weshalb wir in diesem Review auf die verschiedenen Einzelheiten eingehen und den anfänglichen komplexen Eindruck entwirren.

Kurze Anmerkung: Sifu? Shifu?

Der Titel des Spiels ist wohl eines der größten Mysterien. Denn mit dem neuesten kostenlosen Update hat das Spiel eine chinesische Sprachausgabe bekommen. Dabei handelt es sich um Mandarin, also die Amtssprache, die in China verwendet wird. Jetzt kommt aber das große Rätsel, denn in Mandarin heißt es nämlich Shifu.

Aber was ist mit Sifu? Es ist zwar ebenfalls chinesisch, aber dabei handelt es sich um den kantonesischen Dialekt, dass eher in Süden Chinas und Hongkong verwendet wird.

Wer ein Beispiel für kantonesisch haben möchte, der kann das Reaktionsvideo von Lao Wei San anschauen. Er ist der Meister von Benjamin Colussi, der für die Bewegungen im Spiel, für Motion Capturing verantwortlich war. Übrigens war Sonys PS2 Spiel Rise to Honor mit Jet Li ebenfalls in kantonesischer Tonspur.

Exkursion: Pak Mei Kampfstil

Pak Mei ist der Kampfstil des Hauptcharakters und mithilfe von Benjamin Colussi wurde auf die Authentizität geachtet und stammt aus dem Lao Siu Leung Zweig von Pak Mei. Doch was ist Pak Mei? Wer Ip Man gesehen hat, wird sofort Ähnlichkeiten zu den Wing Chun Chain Punches (verkettete Schläge) erkennen können. Man könnte meinen Pak Mei und Wing Chun hätten gewisse Ähnlichkeiten. Beide gelten als südliche Kampfstile. Diese meistens an der höhere Kampfstellung erkennbar, damit eine erhöhte Mobilität sichergestellt ist.

Die Entstehungsgeschichte ist nicht 100% bekannt, abgesehen das es ca. 300 Jahre alt ist. Die interessanteste Version fängt damit an, dass ein Mönchsstempel niedergebrannt wurde und die sogenannten 5 unbesiegbaren geflohen sind. Einer davon war Pak Mei (übersetzt Weiße Augenbraue), der später zum Überläufer geworden ist und seinen eigenen Kampfstil erschaffen hat. Den gleichnamigen Kampfstil Pak Mei.

Doch woher kommt die Ähnlichkeit von Wing Chun und Pak Mei? Angeblich hat Pak Mei in einem Duell auf Leben und Tod gegen einen der 5 unbesiegbaren mit seinen neuen tödlichen Kampfstil gewonnen. Die Erschafferin von Wing Chun war als Zuschauer dabei und soll davon inspiriert gewesen sein und entwickelte Wing Chun als Konter.

Anscheinend ist eines der markanten Pak Mei Merkmale der geradlinige direkte Angriff, weshalb die Angriffe blitzschnell sind und sich auf fatale Schwachpunkte konzentriert. Dabei wird die tödliche Potenz nochmal erhöht, indem die Leoparden Faust und Phönix Augen Faust eingesetzt werden. Bei der Phönix Augen Faust wird beispielsweise nur eines der Fingerknöchel benutzt, um die Kraft zu steigern und auf einen Punkt zu konzentrieren.

Screenshot von Sifu

Rache auf Kosten von Lebenszeit

Die Geschichte fängt rasant an, indem man den vollständig ausgebildeten Antagonisten Yang spielt, der einen Angriff gegen seinen ehemaligen Meister anführt. Dabei helfen ihn mehrere mächtige Kämpfer.

Am Ende vollendet Yang seine Rache und tötet seinen Meister. Dabei wird der Hauptcharakter/in (wahlweise) als Kind entdeckt und von einem der anderen Kämpfer getötet. Doch das ist nicht das Ende, dieser ist im Besitz eines besonderen Talismans mit der speziellen Fähigkeit der Wiederbelebung. Doch alles hat seinen Preis, denn jede Wiederbelebung lässt die Person um einige Jahre altern.

Nach 8 Jahren Training ist es endlich so weit. Die Kämpfer sind mittlerweile ihre eigenen Wege gegangen und es wird Zeit sie nacheinander zu besuchen, um die lang ersehnte Rache auszuüben. Ist es jedoch richtig, sie zu töten?

Screenshot von Sifu

Narratives Problem: Fatal oder nicht?

Sifu hat insgesamt zwei Enden. Eines davon ist die Vollendung der Rache. Das alternative und wahrscheinlich echte Ende verschont man alle Kämpfer.

Doch dabei gibt es ein kleines Problem. Auf dem Weg zu den Kämpfern trifft man auf ihre Handlanger, die man gnadenlos niederprügelt. Werden sie dabei getötet? Auf den ersten Blick ist das schwierig einzuschätzen, da man nicht weiß, ob die Hauptcharaktere fatale Angriffe einsetzen. Sobald man jedoch die Messer als Waffe benutzt, findet man die Antwort darauf. Bei dessen Finisher sieht man nämlich wie die Kehle aufgeschlitzt oder durch den Magen gerammt wird. Ergo, auf dem Rachefeldzug wird eine ganze Reihe von Leichen hinterlassen. Dementsprechend ist es schwierig, das echte Ende ernst zu nehmen. Jedenfalls für alle, die gerne auf die Details achten.

Screenshot von Sifu

Story Fazit

Sifus Story ist hauchdünn und erinnert an klassische Arcade Beat’em Ups bei dem es sich lediglich um einen einzigen Handlungsstrang handelt. Es wird nicht lange gefackelt und man kommt jedes Mal nahezu sofort zum Kampf.

Zwar gibt es Begegnungen, bei dem man eine Auswahl hat, doch einen großen Unterschied gibt es da nicht.

Es ist ziemlich eindeutig, dass die Story keine große Rolle spielt. Man erfährt fast nichts über die Hauptcharaktere oder Antagonisten. Bestenfalls gibt es kleine Andeutungen auf ihre Vergangenheit. Ein wenig mehr Informationen hätte sicherlich nicht geschadet, denn die Hauptcharaktere sind wie ein weißes Blatt.

Da das Spiel sich ausschließlich auf das Gameplay konzentriert, muss man das Ganze nicht wirklich an die große Glocke hängen.

Screenshot von Sifu

Gameplay & Steuerung

Das Rückgrat von Sifu. Es ist durch und durch ein 3D Beat’em Up bei dem es darum geht die Gegner zu besiegen. Dabei stehen verschiedene Bewegungen zur Verfügung, wie z.B. ein Fußfeger oder ein drückender Angriff mit der Handfläche. Weiterhin können im Laufe des Spiels neue Techniken freigeschaltet werden und bestimmte Werte aufgerüstet. Letzteres hat jedoch besondere Bedingungen.

Genretypisch sind natürlich auch Waffen wie z.B. Besen, Stahlrohre, Flaschen, usw. aufzufinden und die Angriffskraft augmentieren. Zusätzlich hat das Gameplay durch die Form Anzeige einen Hauch Sekiro in sich.

Perfektion wird hier großgeschrieben, denn durch den Kombozähler und Bonus System wird Unversehrtheit stark belohnt.

Tod und Todeszähler

Da man mit 20 Jahre anfängt und mit 75 Jahre das endet, findet, kann man fast von einem statischen Lebenssystem reden. Im Anfänger Schwierigkeitsgrad bekommt man alle 55 Jahre also 55 Versuche.

Ab dem normalen Schwierigkeitsgrad kommt dann ein Modifizierer hinzu, der die verlorene Jahre nach jedem Tod erhöht. Mit jedem Tod erhöht sich der Zähler und dieser addiert zu den Jahren, die für die nächste Wiederbelebung benötigt wird. Besiegt man stärkere Gegner wie Minibosse, reduziert man den Zähler um eins.

Doch es gibt noch eine weitere Änderung und einen großen Haken bei der ganzen Sache. Zum einen erhöht sich der ausgeteilte Schaden, aber zeitgleich wird auch die Lebensenergie reduziert. Dies ist keine große Sache.

Der größte Haken liegt darin, dass ab verschiedenen Altersgrenzen ausgewählte Upgrades und Freischaltungen nicht mehr möglich sind.

Screenshot von Sifu

Neuer Versuch und Abkürzungen

Jede darauffolgende Mission wird schwieriger als die vorherige, da man das Alter behält. Es ist sehr wahrscheinlich, dass man ab einem bestimmten Zeitpunkt einfach zu viele Versuche verbraucht hat und man steckt dann fest.

Ab diesen Zeitpunkt wäre es eine gute Idee, auf eine vorherige Mission zurückzugreifen. Jede Mission speichert automatisch das Alter und Upgrades, mit der man sie erreicht hat. Wer also unversehrt mit den zarten 20 Jahren die zweite Mission erreicht hat, der kann später jederzeit wieder darauf zurückgreifen, um die Mission besser zu absolvieren. Dabei verliert man jedoch freigeschalteten Fähigkeiten, die nicht permanent freigeschaltet sind.

Im Laufe des Spiels findet man Schlüsselobjekte, die dabei helfen, Abkürzungen freizuschalten. Diese sind nützlich, wenn man schnell eine Mission beenden möchte. Teilweise führen sie sogar direkt zum Boss. Sie kommt jedoch mit dem Nachteil, dass man fast alle Schrein Upgrades verpasst.

Stellenweise findet man auch neue Objekte, die neues bei anderen Missionen freischalten. Es lohnt sich also, ältere Missionen nochmal durchzuziehen.

RPG Elemente in Sifu

Abgesehen von den offensichtlichen Action-Elementen gibt es in Sifu mehrere Fortschritt-Elemente im RPG Stil. Zum einen gibt es einen Fähigkeitenbaum und einem separaten Upgrade Menü über die Schreine, die wie Drachen aus Jadesteine aussehen.

Am wichtigsten ist zu wissen, dass man für besiegte Gegner Punkte bekommt und noch dazu extra, wenn man sie mit einem Finisher erledigt. Zusätzlich gibt es einen Multiplikator der die erhaltenen Punkte verfünffachen kann, dieser kann mit erledigten Gegner oder ausweichen erhöht werden. Bei eingesteckten Treffern reduziert sich der Multiplikator. Perfektion wird also in diesem Falle belohnt.

  • Der Fähigkeitenbaum

Dieser ist vergleichbar mit den Upgrades in DMC. Es geht hier darum, neue Bewegungen freizuschalten wie z.B. einen Fußfeger beim Rennen, neue Fokus Angriffe, usw. Sie verstärken also nicht die Werte des Charakters, sondern bieten neue Möglichkeiten. Einige Fähigkeiten werden nützlicher sein als andere, weshalb man es sich sorgfältig überlegen sollte.

Beim Freischalten gibt es zwei Optionen. Man zahlt 1/6 der Erfahrungspunkte und schaltet es für die aktuelle Runde frei und verliert sie beim neuen Versuch. Oder man zahlt die volle Menge und macht sie permanent. Technisch gesehen ist es also möglich, die einzelnen Levels so oft zu wiederholen, bis alles freigeschaltet ist. Doch man muss hier vorsichtig sein, denn ab verschiedene Altersgrenzen werden die Bewegungen nicht mehr freischaltbar.

Screenshot von Sifu

  • Der Schrein

Im Gegensatz zum Fähigkeitenbaum gibt es keine Möglichkeit, die Upgrades permanent zu machen. Wobei die größte Besonderheit bei den drei verschiedenen Kategorien liegt. In der ersten Kategorie werden die Upgrades auf ein Maximum Alter beschränkt. Die zweite Kategorie benötigt eine Mindestpunktzahl das Vergleichbar ist mit einem Hi-Score Zähler. Bei der dritten werden Erfahrungspunkte verwendet.

Bei diesen Upgrades handelt es sich um Verstärkungen von bestimmten Werten, wie z.B. die Ausdauer der Waffen, die erholte Menge an Lebenspunkten nach einem Finisher, die Menge an erholte Formanzeige nach einem erfolgreichen Ausweichen, usw.

Mit 1000 Erfahrungspunkte kann man sich um 5 Jahre verjüngen lassen. Doch das ist kein guter Einsatz, da jeder Schrein nur ein einziges Upgrade ermöglicht.

Screenshot von Sifu

Schwierigkeitsgrade (Neu im Frühlingsupdate)

Ursprünglich war Sifu ein knallhartes Spiel, das den Spieler dazu zwingt, die verschiedenen Gegner und Situationen zu meistern. Die Marge für Fehler war ziemlich niedrig, da man lediglich wenige Treffer aushält.

Mit den neuen Schwierigkeitsgraden können Hardcore Veteranen noch eins drauf setzen. Für weniger geübte Spieler gibt es dafür einen einfacheren Schwierigkeitsgrad, bei dem man mehr aushält und das Alterungssystem stark vereinfacht. Hierbei verliert man mit jedem Tod nur 1 Jahr, d.h. man hat effektiv ca. 55 Leben.

Steuerung

Eines der wichtigsten Tasten ist die Verteidigung (LB/L1). Sie versetzt den Charakter in eine defensive Stellung, bei der die Formanzeige langsam aufgefüllt wird. Ist sie voll, verliert der Hauptcharakter den halt und ist dann offen für Angriffe. Weiterhin gibt es eine leichte und starke Angriffsstärke. Meistens benutzt man die leichten Angriffe und beendet eine Combo mit einem speziellen starken Angriff. Außerdem gibt es noch spezielle Eingaben für ausgewählte Angriffe, wobei man bei der Eingabe der Richtung darauf achten muss, dass sie relativ zur Position des Gegners ist. D.h. steht der Gegner links, muss man links, rechts und starken Angriff eingeben. Steht der Gegner Richtung Norden, dann muss man unten, oben und dann den starken Angriff einsetzen. Im Eifer des Gefechts können solche Eingaben schon mal daneben gehen.

Dann gibt es noch eine Kontext-Taste (A/X), mit der man sich über Objekte bewegen kann. Mit B oder Kreis können Waffen aufgehoben werden und ist man in der Nähe eines liegenden Gegners, kann man mit Halten der Taste sie greifen und wieder zum Stehen bringen.

Mit RB/R1 wirft man die Waffe, die man in der Hand hält. Später kann man die Fähigkeit freischalten, mit dieser Taste Gegenstände direkt zum Gegner zu schleudern, ohne sie aufheben zu müssen.

Mit RT/R2 führt man eine schnelle Ausweichbewegung aus, wobei sie fürs Positionieren gedacht ist und weniger als eine universelle defensive Bewegung. Abschließend gibt es noch den Fokus, der mit LT/L2 aktiviert wird, mehr dazu später.

Screenshot von Sifu

Die Defensive

In Sifu reicht einfaches angreifen nicht aus, weshalb wir erst mal in die defensiven Optionen eingehen. Sie sind eine überlebenswichtiges Teil des Gameplays und zentral dafür verantwortlich für das durchspielen. Je weniger man stirbt, desto mehr Leben hat man für den späteren Teil.

  • Form und Lebensenergie

Die Formanzeige ist separat von der Lebensenergie und stellt die Verteidigung dar. Jeder Kontakt mit einem Angriff füllt sie auf. Sie entleert sich automatisch nach nicht Verwendung oder alternativ mit dem statischen Ausweichen von Angriffen. Bei der Form Anzeige hört in der Defensive bereits die Ähnlichkeit mit Sekiro auf.

Die Lebensenergie ist ziemlich gering und man geht schon nach wenigen Schlägen zu Boden. Mit dem Finisher lädt sie sich leicht wieder auf. Trotz der Möglichkeit der Regenerierung sollte man natürlich alle Treffer vermeiden.

  • Parieren

Geht man bei spezifischen Angriffen kurz vor dem Treffer in die Verteidigung, dann wird eine Parade ausgeführt. Hierbei wird auch die Form des Gegners aufgerüttelt.

Bei mehreren Tests war es mir nicht möglich, alle Angriffe zu parieren. Vielleicht ist es möglich, aber nach eigener Erfahrung beschränkt sich diese Mechanik auf ausgewählte Angriffe. Man sollte sich also nicht komplett darauf verlassen. Stattdessen kommt es auf die Situation an und man muss auf diese Angriffe achten, um auf sie reagieren zu können.

  • Ausweichen

Das einfache Abwehren reicht bei weitem nicht aus. Im Ausweichen findet man den wichtigsten Teil des Puzzles für die Defensive. Hier gibt es nur zwei Optionen: oben und unten. Kurz gesagt, mit jedem Angriff hat man eine 50% Chance auszuweichen. Genauso wie in Kampfspielen sind Angriffe, die nach oben ausgewichen werden müssen, ziemlich selten. Weicht man mehrmals korrekt und kontert schnell genug mit einem Gegenangriff, dann kommt es teilweise vor, dass die Gegner stark gelähmt werden. Bei so einem Treffer wird kurz die Zeit verlangsamt. Ab hier weiß man, dass richtig stark ausgeteilt werden muss. Zusätzlich erholt sich die Formanzeige beim erfolgreichen Ausweichen.

Dies hört sich am Anfang schwer an, aber mit der Zeit lernt man die Bewegungsmuster der Gegner und macht es eher zu einer Übungssache anstatt Glück. Dementsprechend ist es empfehlenswert immer den ersten Angriff abzuwehren und erst auf die folgenden zu reagieren. Eine Ausnahme sind offensichtlich erste Angriffe die lange Zeit bei der Ausführung brauchen wie z.B. der Superman Punch bei dem der Gegner lange ausholt und dann einen Sprung-Schlag macht.

Screenshot von Sifu

  • Ausweichschritt

Ist man vielleicht umzingelt oder überwältigt von Gegnern, dann kann man mit dem Ausweichschritt (RT/RT) ein wenig Luft schnappen. Meistens reicht die Distanz aus, um einen Treffer auszuweichen, doch die folgenden sind dann wieder in Reichweite. Der Ausweichschritt neutralisiert die Erholung der Formanzeige, weshalb man sie mit Vorsicht genießen sollte.

Die Offensive

Hier kommt Pak Mei voll zum Einsatz. Zwar ist es ein Beat’em Up, aber man muss sich hier nicht den Kopf zerbrechen, dass es hier zu kompliziert wird. Hier geht es mehr darum, auf die Angriffe zu reagieren und die optimale folge Option auszuwählen. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen wird hier auf das Angriffsdreieck (Schläge trumpft Würfe, Würfe übertrumpft Verteidigung, Verteidigung ist effektiv gegen Schläge) verzichtet, denn es gibt in diesem Spiel quasi keine Würfe. Dementsprechend geht es mehr darum, darauf zu reagieren, ob es ein erfolgreicher Angriff oder ein geblockter Angriff ist. Je nach Situation zieht man beispielsweise einen Handflächen-Stoß einem Fußfeger vor, weil man damit den Gegner in Richtung anderen Gegnern stoßen kann.

  • Form des Gegners und Finisher

Genauso wie die Hauptcharaktere haben die Gegner ebenfalls eine Formanzeige. Diese wird mit Angriffen oder eine Parade gefüllt. Ist sie voll, wird der Gegner in einen gelähmten Zustand versetzt, bei dem man mit Y+B/Dreieck+Kreis einen Finisher ausführen kann, der sie sofort erledigt. Doch Vorsicht, einige Gegner haben ein letztes Aufbäumen und beim Einsatz des Finishers kommen sie mit voller Energie und verstärkt zurück.

Für das echte Ende muss man hier vorsichtig sein, denn im Laufe des Durchspielens wird der Spieler quasi wie ein Pawlowscher Hund darauf konditioniert, die Finisher automatisch auszuführen. Dies muss man sich bei den Bosskämpfen abgewöhnen, da man sie beim Formbruch erholen lassen muss.

Screenshot von Sifu

  • Angriffssequenz

Die leichten Angriffe haben eine Angriffssequenz mit bis zu 5 Angriffen, während die starken Angriffe bis zu 4 aneinanderreihen können. Bei den leichten Angriffen werden die starken Angriffe zu besonderen Angriffen, die sonst nicht zugänglich sind. Nach zwei leichten Angriffen, gefolgt von einem starken Angriff lässt die Hauptcharaktere einen vorwärts Tritt ausführen, der den Gegner bei Erfolg wegschiebt. Ist der Gegner nah genug an der Wand, gibt es nochmal extra Schaden. Bei drei leichten Angriffen gefolgt vom starken Angriff, wird ein Roundhouse Tritt ausgeführt, dass eine größere Fläche abdeckt und somit mehr Gegner getroffen werden können.

Je länger die Angriffssequenz, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Gegner mitten drinnen abwehren. Bei den leichten Angriffen handelt es sich um Angriffe mit mehreren Schlägen. Der zweite Angriff besteht aus mehreren Schlägen und macht es extrem einfach darauf zu reagieren, ob der Gegner es abgewehrt hat.

Beide Angriffsstärken sind vom Schaden relativ ähnlich, aber grob geschätzt fügen leichte Angriffe mehr Form Schaden zu als Lebensenergie Schaden.

Screenshot von Sifu

  • Besondere Angriffe

Gleich am Anfang werden im Tutorial zwei besondere Angriffe beigebracht: Fußfeger und der Handflächen Stoß. Diese werden mit besonderen Eingaben aktiviert und können zu jeder Zeit in einer Angriffssequenz aktiviert werden. Weiß man also, dass der Gegner beim vierten Treffer wieder abwehrt, dann ist es möglich ihn beim dritten Treffer mit einem Fußfeger zu erwischen. Sie ermöglichen also dem Spieler, die Combos zu optimieren. Ein Fußfeger ist beispielsweise nützlich sich entweder Zeit zu verschaffen oder den Gegner mit einem Folgewurf zusätzlich Schaden zuzufügen.

Abgesehen von den zweien können noch viele weitere freigeschaltet werden, darunter einen Feger nach dem Handflächen-Stoß, Angriffe, die gleichzeitig Angriffe auf Kopfhöhe ausweichen, usw.

Sie sind zwar nicht unbedingt nötig fürs Durchspielen, helfen aber beim richtigen Einsatz. Eines davon ist die Verbindung vom Schlag zum Wurf in eine Richtung.

Screenshot von Sifu

  • Fokus

Links unten ist die Fokusanzeige zu sehen. Sie fängt mit einem Balken an und kann bis zu 3 Balken aufgerüstet werden. Diese Anzeige füllt sich mit Angriffen gegen die Gegner auf und ermöglicht starke Angriffe, die nicht abgewehrt werden können. Man fängt mit dem Fokusangriff Augenstecher an und bekommt die Option weitere freizuschalten. Viele davon benötigen mehr als nur ein Balken oder bestimmte Waffen.

Bei der Aktivierung wird die Zeit verlangsamt und man muss dann über ein Kreis-Menü die Technik auswählen.

Screenshot von Sifu

  • Waffen

Alle Waffen sind sich ziemlich ähnlich, in dem Sinne, dass sie einfach dazu da sind, die Angriffe zu verstärken. Eine erhöhte Reichweite war nach persönlicher Erfahrung schwer zu erkennen. Trotzdem sind sie sehr nützlich, um die Gegner schneller zu erledigen.

Die einzige Ausnahme ist das Messer. Aus unbekannten Gründen ist es relativ schwach, wobei könnte es daran liegen, dass die Angriffe mit bloßen Händen nicht abgewehrt werden kann.

Die Gegner

Generell kann man die Gegner in Sifu in vier Kategorien einstufen. Normale Gegner, normale Gegner als Miniboss, spezielle Miniboss und Boss. Bewaffnete Gegner können mit Stöße wie z.B. den Handflächen Stoß entwaffnet werden.

  • Normale Gegner

Ein Teil davon hält lediglich ca. 3 Schläge aus bis ihre Form zerbricht und ein Finisher losgelassen werden kann. Diese sind vor allem nützlich, um die Lebensenergie aufzuladen. Die anderen halten um einiges mehr aus und haben wenige Angriffsmuster. Einige verstärkte Gegner sind versteckt und tauchen erst beim Versuch eines Finishers auf.

Auf dem leichten Schwierigkeitsgrad bieten verstärkte und Minibosse eine komplette Heilung.

  • Minibosse und spezielle Minibosse

Minibosse erscheinen oft als Duelle ohne Handlanger. Einige von denen tauchen dann als normale Gegner auf. Spezielle Minibosse haben eigene Angriffsmuster und spezialisieren sich auf Waffen. Spezialisten mit Waffen können wie normale Gegner entwaffnet werden und machen die Kämpfe auch einfacher.

Abgesehen von den unterschiedlichen Angriffsmustern und erhöhten Lebenspunkten sind sie nicht allzu viel anders als normale Gegner.

  • Bosse

Alle Bosse haben zwei unterschiedliche Phasen. Einige der zweiten Phasen sind extremer als andere. Abgesehen von den komplett neuen Angriffen und Angriffsmustern haben die Bosse eine exklusive passive Fähigkeit, und zwar den sogenannten Hyper Armor Effekt, d.h. sie führen ihre Angriffe auch bei einem Treffer durch und geraten nichts ins Schleudern. Somit sind sie umso gefährlicher, da man nicht blind angreifen sollte.

Die gute Nachricht ist, dass die zweite Phase den Hauptcharakteren die Lebensenergie wieder voll auffüllt.

Einige der Bosse sind durch ihre Fernangriffe extra schwer. Außerdem sind so gut wie alle mit Waffen ausgerüstet und penetrieren teilweise die Verteidigung und reduzieren die Lebensenergie.

Nimmt man alles zusammen, dann läuft alles darauf hinaus, dass man die Angriffe ausweichen sollte, um sie mit einem schnellen Gegenangriff zu lähmen. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der meiste Schaden ausgeteilt werden kann.

Es ist auf jeden Fall eine gute Idee, bei diesen Kämpfen vorerst in die Defensive zu gehen, um ihre Angriffsmuster und Schwächen auszukundschaften. Aggressive Spieler werden schnell erkennen, dass die Bosse am längeren Hebel hängen und können bei Anfängern zu Frustrationen führen. Dabei kommt ein Nachteil zum Vorschein, man benutzt für alle Bosse die gleiche Strategie: Ausweichen und Kontern.

Das Spiel hat überdies ein leichtes Punch Out Syndrom, d.h. stellenweise erscheinen die Bosse viel cooler als die Hauptcharaktere und sind leider auch nicht spielbar. Letzteres würde einiges an Aufwand gebrauchen, da sie nicht für die Spieler konzipiert sind und die Balance komplett neu gemacht werden müsste oder nicht ins aktuelle Spiel reinpassen.

Screenshot von Sifu

Zusätzlicher Gegner: Die Kamera

Wie bei vieler anderen Action lastigen Spielen gibt es auch hier Probleme mit der Kamera, sobald es in die Nähe von Wände kommt. Es verschlechtert die Sicht und kann fatale Folgen haben, da Angriffe folglich schwer zu sehen sind.

Zwischenfazit Kampfsystem

Die Kämpfe sind ziemlich einfach gestaltet und werden eigentlich nur durch die niedrige Lebensenergie richtig schwierig. Mit genügend Übung und eingearbeitetes Wissen wird man als Spieler spürbar besser. Angriffsmuster werden entziffert und Schwachstellen gefunden. Positionierung und der Einsatz von Waffen spielen ebenfalls eine große Rolle und bieten dadurch verschiedenste Szenarien, die abwechslungsreich sind.

Durch das Fehlen des Dreiecks Systems(Schlag, Abwehr sind da, aber Wurf fehlt) wird es vor allem für Gelegenheitsspieler am Anfang leicht für Verwirrung sorgen, da man die Verteidigung des Gegners nicht mit einem Wurf durchbrechen kann. Stattdessen wird man gezwungen, in die Defensive zu gehen, um danach den die Offensive neu zu starten. Ein einfaches dauerhaftes drücken der Angriffstasten wird somit immer wieder bestraft, es sei denn man reagiert rechtzeitig auf die Konter Animation.

Zu Beginn wird es für die meisten Gewöhnungsbedürftig sein, da die Grundlagen aus Action Spielen ein wenig durchgewürfelt werden. Allerdings sollte es eine relativ kurzer Zeitraum sein.

Zwischenfazit Gameplay

Das Gameplay von Sifu erinnert ziemlich stark an das klassische Arcade Zeitalter, mit einem Twist. Man kann sich zwar bis zu einem gewissen Grad auf die Talisman-Leben verlassen, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt wird man merken, dass einem nicht mehr genügend übrig bleibt. Danach geht’s wieder zurück zum Anfang, um die vorherigen Missionen zu perfektionieren. Dabei kann man sich dafür entscheiden, die Fähigkeiten temporär oder permanent freizuschalten. Alle, die das Spiel vervollständigen wollen, werden auf das letztere setzen.

Glücklicherweise gibt es seit dem Frühlingsupdate einen leichteren Schwierigkeitsgrad für alle, die weniger Geduld haben. Mit dieser Neuerung sollten es alle schaffen, es durchzuspielen. Man könnte behaupten es wäre auch ein guter Einstieg und alle die noch mehr vom Spiel haben möchten, können dann die höheren Schwierigkeitsgrade herausfordern.

Insgesamt bringt es frischen Wind ins Genre und überzeugt mit einem einfachen, aber herausfordernden Gameplay.

Spieler die weniger etwas mit Beat’em Ups anfangen können werden hier teilweise auf die gleichen schwächen treffen. Grundsätzlich bleibt das Gameplay über das gesamte Spiel gleich und wenn das Kampfsystem einem nicht gefällt, dann wird sehr schnell ein monotones Gefühl aufkommen.

Beim Anfänger Schwierigkeitsgrad und relativ flotten Fortschritt kann man mit ca. 5-6 Stunden Spielzeit rechnen und viele weitere extra Stunden für das Finden von Objekten und die Freischaltung von Fähigkeiten. Bei den höheren Schwierigkeitsgraden kann man locker mit über 10 Stunden mit offenem Ende nach oben für den ersten Versuch rechnen.

Screenshot von Sifu

Grafik & Sound

Es ist ziemlich offensichtlich, dass Sifu technisch nicht mit den großen Jungs aufnehmen kann. Das muss es auch nicht. Alle Animationen sehen sehr gut aus und man hat mit einem echten Pak Mei Sifu für Authentizität gesorgt. Natürlich sind die Takedown Finishers das große Highlight, da dort automatisierte und choreografierte Sequenzen abgespielt werden. Man kann jedenfalls nicht sagen, dass es nicht schmerzhaft aussieht. Zusätzlich steckt der Teufel im Detail, denn die Hände sind ebenfalls penibel animiert und man kann bei näherer Beobachtung den Einsatz der Leopard und Phönix-Auge Fäuste entdecken.

Doch es sind nicht nur die Animationen, die Sifu auffallen lässt, sondern auch das visuelle Design. In wenigen Fällen wird beispielsweise auf eine seitwärts Sicht gesetzt, das an alte 2D Beat’em Ups erinnert. Diese sind meistens vollgepackt mit Gegnern und hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Vor allem beim ersten, wenn die Kamera sich Rückwärts richtet und die gefallenen Gegner zu sehen sind.

Weiterhin wird gerne mit den Element-Themen und dessen Farben gerne gespielt. Mal ist es rot und feurig, grün mit Flora und Fauna, usw.

Teilweise gibt es auch noch bemerkenswerte Räume wie z.B. ein leicht belichteter Raum mit Regen. Man merkt, dass die Entwickler alle Register gezogen haben, um das Spiel artistisch hervorzuheben. Es gibt sogar am Anfang eine Hommage an klassische Martial Arts Filme, bei dem die Hauptcharaktere ihre Bewegungen demonstrieren, wobei es sogar als kurzes Tutorial eingearbeitet worden ist.

Bei der Musik lässt sich abgesehen vom Intro Musik wenig erzählen. Meistens ist es eher ruhige Begleitmusik, die sich im Hintergrund hält. Sie sind selbstverständlich an das jeweilige Thema der Mission angepasst, wie z.B. japanische traditionell klingende Musik im japanischen Museum. Die einzige Mission die musikalisch am stärksten auffällt ist der Club, bei dem die Musik aktiver und ein Beat zu hören ist. Dort gibt es auch eine schöne Stelle bei der Musik und Optik abgestimmt sind und erinnert ein wenig an das Spiel Rez.

Die Toneffekte bei den Bewegungen sind eher zurückhaltend. Bei den Angriffen hört etwas wie ein Rauschen der Kleidung, wobei es bei den Ärmellosen Hauptcharakteren eigentlich nicht zu hören ist. Es sind also eher begleitende Effekte, um den Animationen mehr Biss zu verleihen als auf Realismus zu setzen und das ist auch richtig so. Trotzdem sollte man nicht mit übertriebenen Soundeffekten von alten Martial Arts Filmen rechnen. Alle Treffer und abgewehrte Angriffe sind eher Stumpf und sind eher Vergleichbar mit Hollywood Filmen wie Romeo Must Die.

Seit dem Frühlingsupdate ist es neben dem Englischen auch eine chinesisch Mandarin Tonspur verfügbar. Da die Dialoge extrem kurz sind, gibt es nicht zu tadeln.

Screenshot von Sifu

Fazit

Sifu ist ein guter Neueinsteiger in das Beat’em Up Genre und überzeugt vor allem mit dem einfachen, aber unterhaltsamen Gameplay und dies trotz einer hauchdünnen Story. Optisch bietet es viel Abwechslung und einfallsreiche Situationen. Inhaltlich gibt es einiges zu entdecken und es lohnt sich vergangene Missionen nochmal durchzugehen, da man später neue Schlüsselobjekte bekommt, die neuen Bereiche eröffnen.

Der aktuelle Einstiegspreis von 39.99€ ist gut angesetzt. Beat’em Up Fans werden sicherlich auf einen neuen Genuss kommen. Außerdem wurde mit dem Frühlingsupdate zwei neue Schwierigkeitsgrade eingeführt, d.h. Anfänger bekommen eine weniger frustrierendes Spielerlebnis und Fortgeschrittene bekommen eine weitere Herausforderung.

Fans von Kung-Fu Filmen sollten sich unbedingt das Spiel im Auge behalten. Für Story zentrierte Spieler ist es eher weniger empfehlenswert und sollten bei Interesse auf ein Angebot warten.

Pro

  • Authentische Choreografie das auf kleine Details achtet
  • Einfach aber herausfordernd
  • Hohe Wiederspielbarkeit
  • Zwei neue Schwierigkeitsgrade durch neues Update
  • Frustfreies Leveldesign führt zu fließende Action
  • Fantastisches visuelles Design

Contra

  • Hauchdünne Story
  • Alle Charaktere sind unterentwickelt
  • Kompaktes Kampfsystem könnte für einige monoton werden
  • Bosskämpfe benutzen ähnliche Strategie

Wertung

Testergebnis: 8.5

8.5 Sehr gut

Kaufempfehlung

80% Kaufempfehlung

80%Sehr empfehlenswert

Getestet wurde Sifu auf PC von Soul-1. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version V_1.11_3.908 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Sifu wurde uns von Cosmocover kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!