TRON: Catalyst · Test
Veröffentlicht am 20.06.2025 von Andreas Erber
Die TRON-Franchise, die 1982 mit dem Kultfilm von Disney begann, hat sich über die Jahrzehnte hinweg zu einem ikonischen Universum entwickelt, das für seine neongetränkte Ästhetik und futuristische Vision bekannt ist. Mit TRON: Catalyst kehrt das britische Entwicklerstudio Bithell Games zurück in die digitale Welt des Arq-Grids, die erstmals in TRON: Identity (2023) vorgestellt wurde. Im Gegensatz zum visuellen Roman-Stil des Vorgängers ist Catalyst ein ambitioniertes isometrisches Action-Adventure, das die Spieler:innen in die Rolle von Exo schlüpft, einem Kurierprogramm mit einer einzigartigen Fähigkeit: der Manipulation von Zeitzyklen durch einen sogenannten Glitch. Das Spie verspricht, welches übrigens für die für die PlayStation 5, Xbox Series S/X, Nintendo Switch und den PC erscheint, eine Mischung aus actiongeladenem Gameplay, einer packenden Geschichte und dem unverwechselbaren TRON-Stil. Doch kann TRON: Catalyst die hohen Erwartungen der Fans erfüllen und gleichzeitig neue Spieler:innen für das Universum begeistern?
Bithell Games ist ein unabhängiges Entwicklerstudio aus Großbritannien, das 2012 von Mike Bithell gegründet wurde. Bekannt wurde das Studio mit dem minimalistischen Plattformer Thomas Was Alone (2012), der für seine emotionale Erzählung und innovative Nutzung von geometrischen Formen als Charaktere gefeiert wurde. Seitdem hat Bithell Games eine Reihe von narrativ fokussierten Spielen entwickelt, darunter Subsurface Circular und Quarantine Circular, die beide für ihre dialoggetriebenen Geschichten und Science-Fiction-Themen gelobt wurden. Mit TRON: Identity wagte sich das Studio erstmals in die Welt eines großen Franchise und lieferte einen visuellen Roman, der die Arq-Grid-Welt einführte.
Kurze inhaltliche Einleitung
Die Handlung von TRON: Catalyst spielt im Arq-Grid, einer digitalen Welt, die von Kevin Flynn, dem Protagonisten des Originalfilms, erschaffen wurde. Spieler:innen schlüpfen in die Rolle von Exo, einem Kurierprogramm, dessen Leben sich dramatisch verändert, als ein mysteriöser Paketauftrag in einer Explosion endet. Diese Explosion verleiht Exo die Fähigkeit, Zeitzyklen zurückzusetze, nein Glitch, der es ihr erlaubt, bei Tod oder Misserfolg zu einem früheren Punkt zurückzukehren, ohne Fortschritte wie Fähigkeiten oder Wissen zu verlieren. Die Geschichte dreht sich um Exos Flucht vor Conn, einem skrupellosen Programm der autoritären Core-Fraktion, sowie um die Enthüllung eines größeren Komplotts, das das instabile Arq-Grid bedroht.
Die Erzählung ist in Kapitel unterteilt, die jeweils einen Zeitzyklus repräsentieren. Diese Struktur ermöglicht es, die Handlung aus verschiedenen Perspektiven zu erleben, da Exo durch wiederholte Loops neue Informationen sammelt, um Hindernisse zu überwinden. Die Welt des Arq-Grids wird durch drei Hauptfraktionen belebt: die totalitäre Core, die freigeistigen Automata und die mysteriösen Reset, die die Glitches als Mittel zur Erneuerung der Welt verehren. Diese Fraktionen verleihen der Geschichte Tiefe, indem sie Themen wie Kontrolle, Freiheit und technologische Ethik ansprechen.
Exo selbst ist eine sympathische Protagonistin, deren Entwicklung von einer unsicheren Kurierin zu einer entschlossenen Heldin überzeugend dargestellt wird. Besonders hervorzuheben ist die Interaktion mit Nebencharakteren wie Vega, einem Mitglied der Automata, oder Conn, dessen komplexe Motivationen die Handlung bereichern. Die Dialoge sind gut geschrieben, und die Sprachausgabe, obwohl gelegentlich inkonsistent, verleiht den Charakteren Charakter. Dennoch bleibt die Geschichte an einigen Stellen vage, insbesondere was die Verbindung zu anderen TRON-Medien angeht, was für Fans der Franchise frustrierend sein dürfte. Auch das Potenzial des Zeitloop-Konzepts wird narrativ nicht vollständig ausgeschöpft, da die Handlung oft linear bleibt und nur wenige echte Entscheidungsfreiheiten bietet. Dennoch bietet die Story eine fesselnde Mischung aus Mystery und Action, die TRON-Fans und Neueinsteiger gleichermaßen anspricht.
Gameplay & Steuerung
TRON: Catalyst ist ein isometrisches Action-Adventure mit leichten RPG-Elementen und einem Fokus auf Diskus-Kämpfe sowie Light-Cycle-Fahrten. Das Blickfeld ist also von schräg-oben herab gesetzt. Das Gameplay dreht sich um Erkundung, Kämpfe und das geschickte Nutzen des Glitch-Mechanismus, um Herausforderungen zu meistern.
Kämpfe
Die Kämpfe basieren hauptsächlich auf Exos Identitätsdiskus, der sowohl im Nahkampf als auch als Wurfwaffe eingesetzt werden kann. Spieler:innen können eine Dreier-Kombo ausführen, ausweichen, parieren und den Diskus gezielt auf Gegner oder Umgebungen werfen, um taktische Vorteile zu erlangen. Das Parieren ist besonders wichtig, da es bei korrektem Timing einen sofortigen Konter ermöglicht, der schwächere Gegner oft mit einem Schlag ausschaltet. Mit Fortschreiten des Spiels können Spieler:innen mit gesammelten Daten-Scherben (Data Shards) neue Fähigkeiten freischalten, wie beispielsweise das werfen des Diskus zwischen mehreren Gegnern, was für zusätzlichen Schaden sorgt. Trotz dieser Möglichkeiten fühlen sich die Kämpfe nach einigen Stunden repetitiv an. Die Gegner, die in Archetypen wie Nahkämpfer, Fernkämpfer oder schwere Einheiten unterteilt sind, variieren ihre Angriffsmuster kaum.
Light-Cycle-Gameplay
Ein Highlight des Spiels sind die Light-Cycle-Abschnitte, in denen Exo auf ihrem ikonischen Motorrad durch die neonbeleuchteten Straßen des Arq-Grids rast. Die Steuerung ist auf der neuen Nintendo Switch 2 geschmeidig, und das Manövrieren fühlt sich befriedigend an, besonders wenn man Gegner durch geschickt platzierte Lichtwände eliminiert. Leider sind diese Abschnitte relativ selten und oft kurz, was ihr Potenzial einschränkt. Gelegentliche technische Probleme, wie NPCs, die in der Kulisse stecken bleiben, trüben den Spaß leicht.
Zeitloop-Mechanik
Der Glitch-Mechanismus erlaubt es Exo, einen Kapitelzyklus zurückzusetzen, wobei sie Fähigkeiten, Wissen und bestimmte Objekte behält. Dies wird genutzt, um neue Wege freizuschalten, wie das Öffnen verschlossener Türen mit zuvor erlangten Schlüsseln oder das Umgehen von Gegnern durch neues Wissen. Während die Mechanik anfangs faszinierend ist, wird sie im Verlauf des Spiels zu selten genutzt. Oft dient der Loop lediglich dazu, Story-Momente voranzutreiben, anstatt kreative Gameplay-Möglichkeiten zu bieten. Im Vergleich zu Titeln wie Deathloop oder Hades wirkt die Mechanik hier eher wie ein narrativer Gimmick als ein zentrales Spielelement.
Die Steuerung ist präzise und intuitiv. Bewegungen und Angriffe fühlen sich flüssig an, und die isometrische Perspektive erleichtert die Übersicht. Gelegentlich können visuelle Marker für Missionsziele durch Textboxen verdeckt werden, was die Navigation erschwert, aber insgesamt ist die Steuerung ein Pluspunkt.
Die Anzahl der Nebenmissionen ist spärlich, was den Wiederspielwert trübt. Insgesamt ist das Gameplay solide, aber es mangelt an Innovation und Abwechslung, um über die gesamte Laufzeit zu fesseln.
Grafik & Sound
Visuell ist Catalyst ein Volltreffer für Fans des TRON-Universums. Die neonbeleuchteten Straßen des Arq-Grids, die von Regen glänzen, und die kontrastreichen Farben der Fraktionen (Blau, Orange, Grün, Lila) fangen die Ästhetik der Filme perfekt ein. Die isometrische Perspektive erlaubt detaillierte Umgebungen, von der dichten Stadt Vertical Slice bis zu den kargen Ödlanden. Ikonische Elemente wie Light Cycles, Recognizers und Flynns Arcade sind liebevoll gestaltet und strahlen eine beeindruckende Größe aus. Die handgezeichneten Sprites der Charaktere sind stilvoll, aber die statischen 2D-Porträts in Dialogszenen wirken im Vergleich zu TRON: Identity weniger ausdrucksstark. Animationen, insbesondere bei Kämpfen, sind flüssig, aber die Charaktermodelle könnten mehr Details vertragen. Auf der Nintendo Switch 2 läuft das Spiel butterweich und ohne nennenswerte technische Probleme.
Der Soundtrack, komponiert von Dan Le Sac, ist elektronisch und atmosphärisch, orientiert sich aber stärker an der Ästhetik von TRON: Legacy (Daft Punk) als am Originalfilm (Wendy Carlos). Während einige Tracks, wie die Fluchtszene aus dem Core-Hauptquartier, energiegeladen sind, bleibt die Musik insgesamt eher unauffällig und erreicht selten die ikonische Wucht von Daft Punks Kompositionen. Soundeffekte, wie das Summen des Diskus oder das Dröhnen der Light Cycles, sind authentisch und verstärken das TRON-Gefühl. Insgesamt ist der Sound solide, aber auch nicht herausragend.
Fazit
TRON: Catalyst ist ein liebevoll gestaltetes Action-Adventure, das die TRON-Welt mit einer fesselnden Ästhetik und einer soliden Geschichte zum Leben erweckt. Bithell Games beweist erneut, dass sie das Universum verstehen, und schafft es, mit Exos Reise eine neue Perspektive auf das Arq-Grid zu bieten. Die neongetränkte Grafik, die flüssige Steuerung und die gelegentlichen Light-Cycle-Abschnitte sind Höhepunkte, die Fans der Franchise begeistern werden. Doch das Spiel kämpft mit repetitivem Gameplay, einer untergenutzten Zeitloop-Mechanik und einer Story, die ihr Potenzial nicht ganz ausschöpft. Für TRON-Enthusiasten ist Catalyst ein Must-Have, aber Gelegenheitsspieler könnten sich nach mehr Innovation und Tiefe sehnen. Es fühlt sich an wie ein vielversprechender Schritt in die richtige Richtung, der jedoch noch Raum für Verbesserungen lässt. Vielleicht für einen möglichen dritten Teil der Bithell-TRON-Reihe.
Pro
- ikonische TRON-Ästhetik mit beeindruckenden Neon-Visuals
- sympathische Protagonistin Exo und gut geschriebene Nebencharaktere
- flüssige Steuerung und befriedigende Light-Cycle-Abschnitte
- solide Story mit interessanten Fraktionen und Themen
- technisch einwandfrei auf der PS5 mit stabiler Performance
Contra
- repetitives Kampfsystem mit wenig Gegnervarianz
- untergenutzte Zeitloop-Mechanik, die narrativ und spielerisch mehr bieten könnte
- Soundtrack bleibt hinter den Erwartungen an TRON zurück
- kaum Nebenmissionen und eingeschränkte Erkundungsmotivation
- Story wirkt an einigen Stellen einfach nicht zusammenhängend und sehr vage
Wertung
7.5Gut
Kaufempfehlung
75%Empfehlenswert
Getestet wurde TRON: Catalyst auf Switch 2 von Andreas Erber. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version0.1.1 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für TRON: Catalyst wurde uns von Cosmocover kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!