Review

Remnant 2 · Test

Veröffentlicht am 08.08.2023 von Tobias Creter

Titelbild von Remnant 2 (PC, PS5, Xbox Series)

Vielleicht der beste Koop-Shooter des Jahres?

Remnant 2 ist der direkte Nachfolger des Überraschungshits Remnant: From the Ashes aus dem Jahre 2019. Mit der gelungenen Mischung aus Loot-Shooter und Soulslike traf der Entwickler Gunfire Games damals für viele Spieler genau ins Schwarze: Ein knackiger Schwierigkeitsgrad gepaart mit cleverem Leveldesign, dicken Wummen und knallharten Bosskämpfen. Bei keinem anderen Spiel wurde bisher die beliebte Souls-Formel so perfekt adaptiert und an einen Shooter angepasst, wie bei Remnant. Und was im Einzelspieler schon extrem gut funktioniert hat, wurde im Online Koop für bis zu drei Spieler noch besser!

Nun ist endlich die Fortsetzung erschienen und nach mittlerweile über 80 Stunden in Remnant 2, die ich ungefähr zu einem Drittel alleine und zu zwei Dritteln im Koop verbracht habe, möchte ich meine Eindrücke mit euch teilen. Für diesen Test wollte ich möglichst viele unterschiedliche Archetypen, Waffen und Bosse erlebt haben, um einen umfangreichen Gesamteindruck zu bekommen. Schließlich ist Remnant 2 ein stark auf Zufall basiertes Spiel, in dem kein Durchgang wie der davor ist. Doch ist der Wiederspielwert wirklich so hoch wie erhofft und gibt es genug Rätsel und Geheimnisse, um auf lange Zeit zu motivieren? Erfahrt es hier in unserem Test.

Anmerkung: Leider hat Remnant 2 noch vor dem offiziellen Releasedatum bereits für massenhaft verärgerte Spieler gesorgt. In die PS5 Version hat sich ein Bug eingeschlichen, der sowohl das Einladen von Freunden, sowie das gezielte Beitreten zu deren Spielsitzung unmöglich machte. Besonders ärgerlich daran war, dass davon nur die Vorbesteller und Käufer der 20€ teureren Ultimate Edition betroffen waren, die 3 Tage Vorab Zugang hatten. Das war ein mehr als peinlicher Start für ein Spiel, das einen starken Fokus auf dem Online Koop hat. Aber da der Bug zum offiziellen Start am 25.7. durch einen Hotfix behoben wurde, klammere ich das in diesem Test mal aus – es gibt also keinen Punktabzug, weil es bereits behoben ist.

Screenshot von Remnant 2

Vieles ist neu und doch so vertraut...

Gleich vorweg die Entwarnung für alle Fans des ersten Teils: Es hat sich zwar einiges geändert aber im Kern ist es doch das selbe großartige Spielprinzip geblieben. Remnant 2 macht zwar Vieles anders aber das Meiste davon ist wirklich eine Verbesserung und Bereicherung. Also spart euch den Rest dieses Tests und kauft das Spiel jetzt sofort! :-)

Alle von euch, die Remnant: From the Ashes noch nicht gespielt haben, ihr könnt auch problemlos mit Teil 2 einsteigen oder ihr gönnt euch vorab noch den ersten Teil im Angebot zum Schnäppchenpreis. Um der Handlung zu folgen ist das völlig egal. Eine kurze spielbare Intro führt euch in die Welt und grundlegende Gameplay-Mechanik behutsam ein. Das dauert ungefähr 20 Minuten und danach findet ihr euch in der Station 13 (eurer Basis) wieder, wo ihr noch ein paar kleine Aufgaben erfüllen müsst, bevor ihr so richtig ins Spielgeschehen und optional in den Koop-Modus einsteigen könnt. Die Station 13 ist quasi der Hub, wo ihr Händler für alles Mögliche findet und der Start eurer Reise in die fünf verschiedenen Biome.

Wie schon im Vorgänger sind auch in Remnant 2 sehr viele Dinge zufällig. Die einzelnen Levels sind zwar nicht prozedural generiert aber sie werden in zufälliger Reihenfolge miteinander verkettet und auch die Gegner, Bosse und Events variieren in jedem neuen Durchgang. Es gibt wieder eine Splittung in Story- und Abenteuermodus, die man beide parallel mit dem selben Charakter nutzen kann. Steckt man in der Story fest, kann man schnell und einfach im Abenteuer hochleveln oder dort gezielt nach Geheimnissen suchen, ohne den Story Spielstand zu verlieren. Beides kann man jederzeit unabhängig voneinander neu starten und somit alle Zufallsparameter neu würfeln. Dadurch startet man immer an unterschiedlichen Orten und muss sich seinen Weg jedes Mal neu suchen. Dabei wird man zwar von Karte und Mini-Map, sowie einem Symbol für die Hauptquest unterstützt aber im Prinzip setzt Remnant 2 voll auf Erkundung und gibt keinen "richtigen" Weg vor.

Zur Story sei nur so viel gesagt: Remnant 2 ist einige Zeit nach dem ersten Spiel angesiedelt, man trifft auch auf ein paar bekannte Gesichter. Die postapokalyptische Welt wurde mittlerweile noch stärker von der sogenannten Saat heimgesucht und ist dadurch immer gefährlicher geworden. Und jetzt ratet mal, wer dieses Schlamassel jetzt wieder in Ordnung bringen soll...

Screenshot von Remnant 2

Gameplay & Steuerung

Das Grundprinzip ist gleich geblieben, Remnant 2 ist noch immer ein (Koop) Shooter, der stark auf Erkundung setzt und mit einigen Mechaniken aus den SoulsBourne Spielen daher kommt. Man ballert sich durch fiese Gegnerhorden, sammelt Loot, entdeckt Geheimnisse, löst kleine Rätsel und stellt sich zahlreichen sehr unterschiedlichen Bossen. Zwischendurch aktiviert man Checkpoints, zu denen man im Fall des Scheiterns zurückkehrt und die auch als Teleporter dienen. Unüblich aber fair: Hier verliert man beim Tod absolut Nichts. Dadurch wird Remnant 2 aber noch lange kein leichtes Spiel, denn schon im niedrigsten Schwierigkeitsgrad werdet ihr oft sterben und der Vierte namens Apokalypse, wird sogar erst nach dem Durchspielen freigeschaltet. Wem das noch nicht genug Nervenkitzel ist, der kann die kleine Checkbox vom Hardcore Modus aktivieren, durch die man beim Bildschirmtod unweigerlich den kompletten Charakter verliert.

Die einzelnen Levels sind durch Portale verbunden und somit beliebig miteinander verkettet. Beim Erstellen eines Durchgangs wird per Zufall aus einem Pool an Levels eine kleine Auswahl in euer Spiel generiert. Die Startpunkte sind unterschiedlich und sogar die Story ist hier nicht mehr linear. Das sorgt irgendwann dafür, dass man zwar die Umgebung kennt aber nie weiss, wohin man als nächstes kommt. In der Praxis funktioniert das sehr gut und bisher kam auch noch keine Langeweile auf und selbst nach bereits über 80 Stunden und mehreren Durchgängen gibt es noch immer ein paar neue Secrets zu entdecken und Bosse, die mir noch nicht begegnet sind. Durch die fünf Biome sind die Levels auch extrem vielfältig und spielen sich unterschiedlich. Auch die bunte Mischung an Gegnern und die unzähligen Waffen, Amulette, Ringe und Mods sorgen dafür, dass man viel Abwechslung hat.

Eine große Neuerung sind die insgesamt 11 Archetypen (Klassen), von denen die Meisten versteckt im Spiel sind. Dadurch werden nicht nur bestimmte Eigenschaftspunkte vorgeben, sondern jeder Archetyp hat zudem aktive und passive Spezialfähigkeiten. Und zu allem Überfluss kann man hier nicht nur einen, sondern sogar zwei Archetypen gleichzeitig ausrüsten, um von den Vorteilen beider zu profitieren. Das gibt den Tüftlern unter euch extrem viel Spielraum für abgefahrene Builds und Experimente.

Und obwohl Remnant 2 mit diesen vielen Möglichkeiten ein sehr komplexes Spiel ist, fällt die Steuerung vergleichsweise einfach aus. Wer Shooter spielt wird sich sofort zurecht finden. Die Tastenbelegung ist logisch und entspricht dem Genrestandard. Hinzu kommen noch Tasten für die Spezialfähigkeiten, Mods und den Schnellzugriff auf Gegenstände. Das Gunplay mit dem Controller fühlt sich sehr gut an. Das Autoaim ist relativ stark aber bei Waffen mit Rückstoß muss man schon manuell nachjustieren. Die Nah- und Fernkampfwaffen fühlen sich zwar unterschiedlich aber immer wuchtig an. Durch Mods kann man den Waffen beispielsweise Elementarschaden hinzufügen oder ihre Attribute verändern.

Auch die Menüs sind logisch und übersichtlich aufgebaut. Mit dem Controller ist, dank virtueller Maus per Stick, alles gut und schnell erreichbar, nur die magnetischen Buttons hätte ich gerne optional abgeschaltet. Was jedoch fehlt ist eine Vergleichsmöglichkeit für Waffen, Mods und Gegenstände. Der Entwickler versprach zwar bereits, dass noch einige "Quality of Life" Verbesserungen kommen sollen aber die sind aktuell weder konkret benannt, noch bereits im Spiel enthalten, was zu einem kleinen Punktabzug führt.

Störend aufgefallen ist mir auch, dass man weder auf der Karte, noch auf der Mini-Map oder im Spiel selbst sehen kann, wer welcher Koop-Partner ist. Es gibt weder Spielernamen, noch eine eigene Farbe pro Spieler. Das erschwert trotz Ping-System oft die Navigation und Kommunikation im Team. Der Ping ist zudem noch leicht verbugt, funktioniert manchmal gar nicht und wandert stellenweise über die Karte. Die anfangs häufigen Ruckler wurden mit dem Day 1 Patch weitgehend behoben und auch komplette Abstürze sind nun seltener. Hier muss trotzdem noch nachgebessert werden, auch wenn das alles aktuell keine Showstopper sind.

Screenshot von Remnant 2

Grafik & Sound

Man spürt und sieht, dass sich seit Remnant: From the Ashes einiges getan hat. Die PCs und Konsolen sind um ein Vielfaches leistungsfähiger und Remnant 2 nimmt auch keine Rücksicht mehr auf ältere Konsolengenerationen. Eine gute Entscheidung, wenn man vorsichtig zu anderen Releases der letzten Zeit rüber schielt. Das Spiel ist technisch und optisch in einem schon fast ungewohnt guten Zustand – abgesehen von den bereits beschriebenen kleinen Startproblemen. Es gibt 3 Grafikmodi (Ausgeglichen, Leistung oder Qualität), die alle genau das machen, was man erwartet. Leider gibt es keinen HDR-Support, was etwas schade ist.

Das Design der Levels und die Kreativität und Vielfalt ist großartig. Durch viele clevere Abkürzungen und geheime Wege macht das gründliche Erforschen der Levels einen gigantischen Spaß. Sogar innerhalb der Secrets geht es hier oft nochmal tiefer rein, wenn man auch die letzte dunkle Ecke oder illusorische Wand absucht. Und ganz tief unten im Kaninchenbau erwartet einen dann die Belohnung in der Form einer seltenen Rüstung, Waffe oder ähnlichem. Genau so muss das in einem modernen Spiel umgesetzt sein, um Langzeitmotivation zu bieten. Und dazu sieht Remnant 2 auch fast immer fantastisch aus. Neben wunderschönen Umgebungen mit vielen Details glänzen hier auch die Charaktere mit Persönlichkeit und durchaus interessanten Dialogen. Getoppt wird das Ganze noch durch die interessanten Boss-Kämpfe, von denen wirklich kaum einer dem anderen gleicht. Durch faire Checkpoints lässt sich auch wunderbar mit unterschiedlichen Builds experimentieren, um die Stärken des Gegners abzufangen und seine Schwächen gezielt zu attackieren. Schade, dass man keine fertigen Builds als Presets speichern kann, ich hoffe sehr, dass sowas noch als Update seinen Weg ins Spiel findet.

Der Sound ist ebenfalls auf Top-Niveau. Schon die Titelmusik macht Bock sich sofort ins Spiel zu stürzen und das setzt sich im großartigen Soundtrack weiter fort. In den richtigen Momenten nimmt die Musik ordentlich fahrt auf, glänzt aber auch in den ruhigeren Momenten. Die Soundeffekte sind auf den Punkt und geben wichtige akustische Hinweise, wenn zB. eine Gegnerhorde alarmiert wurde oder ein besonders starker Gegner im Anmarsch ist. Besonders in den spannenden Boss-Kämpfen helfen die Sounds dabei rechtzeitig auszuweichen. Die Waffen klingen glaubhaft und haben ordentlich Bumms. Die deutsche Sprachausgabe ist solide, manche Sprüche wiederholen sich aber relativ oft.

Screenshot von Remnant 2

Fazit

Endlich ist mit Remnant 2 die Fortsetzung vom bereits großartigen Remnant: From the Ashes erschienen. Mit dieser neuen Version holt der Entwickler Gunfire Games nochmal alles aus der gut funktionierenden Formel heraus und bügelt in dem Zuge gleich noch ein paar Probleme des Vorgängers aus. Remnant 2 ist in jeder Hinsicht eine Verbesserung und nochmal ein gewaltiger Schritt nach Vorne. Durch die neu eingeführten Archetypen und unzähligen Modifikatoren kann sich jeder den Shooter an seine Vorlieben anpassen. Die Möglichkeiten sind gefühlt fast unendlich und das ist auch gut so, denn Remnant 2 ist durch seine zahlreichen Zufallsmechaniken darauf ausgelegt, dass man es weit mehr als einmal durchspielt und es sich trotzdem noch frisch anfühlt. Ich kann euch bestätigen, dass das auf jeden Fall gelungen ist. Für knapp 50€ (in der Standard Edition) bekommt ihr hier unfassbar viel Spielspaß und Inhalt. Wer wirklich alles sehen will, was es zu entdecken gibt, der dürfte dazu weit über hundert Stunden benötigen.

Und das Beste daran: Ihr könnt die komplette Kampagne von Remnant 2 nicht nur im Einzelspieler, sondern mit bis zu zwei Freunden (oder Randoms) im Online Koop spielen. Sogar mit Fremden funktioniert das simple Dropin / Dropout Koop-Gameplay erstaunlich gut aber mit Freunden und Headset holt ihr das Maximum an Spielspaß heraus. Für mich ist Remnant 2 aktuell der beste Koop-Shooter auf dem Markt.

Aber auch als Singleplayer Game mischt Remnant 2 ganz weit oben mit. Wer auf massenhaft Geheimnisse und Entdeckung auf eigene Faust steht, kommt an Remnant 2 nicht vorbei. Die einzige Hürde könnte der relativ hohe Schwierigkeitsgrad sein. Wer damit nicht klar kommt, der wird sicher eher frustriert aufgeben aber allen anderen kann und muss ich diesem Spiel einfach ans Herz legen.

Ich freue mich schon jetzt auf die DLCs und hoffentlich kommen bald noch ein paar Updates, die sich um die kleinen Problemchen und Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit kümmern. Die wenigen Kritikpunkte sind hier aber echt auf sehr hohem Niveau und führten dadurch kaum zu Punktabzug.

Pro

  • perfektes Koop Erlebnis für bis zu 3 Spieler
  • hohe Wiederspielbarkeit durch Randomisierung
  • unzählige Geheimnisse und clevere Rätsel
  • hübsche Umgebungen mit vielen Details
  • extrem umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten
  • absolut gelungenes Gunplay

Contra

  • (unglückliches Vorbesteller Debakel)
  • seltene Ruckler und Abstürze
  • keine direkte Vergleichsmöglichkeit im Menü
  • Koop-Partner schlecht identifizierbar

Wertung

Testergebnis: 95%

9.5 Hervorragend

Kaufempfehlung

85% Kaufempfehlung

85%Sehr empfehlenswert

Getestet wurde Remnant 2 auf PS5 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.000.005 vor.