Review

Clid the Snail · Test

Veröffentlicht am 11.09.2021 von Tobias Creter

Titelbild von Clid the Snail (PS4)

Der erste Twin-Stick top-Down Shooter mit einer schwer bewaffneten Schnecke

Ich bin mir zwar nicht zu 100% sicher aber ich glaube, dass ich bisher in keinem Videospiel in die Rolle einer Schnecke geschlüpft bin. Das kleine Team aus Madrid vom Entwicklerstudio Weird Beluga habt somit zumindest schon mal Ideenreichtum und Mut bewiesen. Für ihr Erstlingswerk Clid the Snail haben sich die fünf Freunde aus dem College im Jahre 2019 zusammen gefunden und konnten bereits beim PlayStation-Talents-Program von sich überzeugen. Dadurch wurde auch der deutsche Publisher Koch Media auf Weird Beluga Studio aufmerksam. Mit Clid the Snail kommt nun der sehr schneckenlastige Top-Down-Shooter mit Rätselelementen zuerst für PlayStation 4 auf den Markt. Die PC-Version soll dann gegen Ende des Jahres folgen. Auf Steam gibt es bereits eine kostenlose Demo, wenn ihr selbst Hand anlegen wollt. Die Vollversion liegt bei 19,99€. Ob sich der Kauf lohnt erfahrt ihr in unserem Test.

Screenshot von Clid the Snail

Nacktschnecken, überall sind Nacktschnecken!

Eine seltsame Nacktschneckenplage ist ausgebrochen. Überall machen sich diese schleimigen Wesen breit und das Volk der Schnecken ist sich einig, das muss dem agressiven Verhalten von Clid geschuldet sein. Clid ist – wie der Spieltitel schon vermuten lässt – ebenfalls eine Schnecke. Aber anders als seine Artgenossen ist er alles andere als friedfertig und setzt sich mit seinem Blaster zu Wehr. Für Schnecken ist Gewalt normalerweise keine Option, denn sie sind ein durch und durch friedliches Volk. Clid (übrigens die Kurzform von Euclides) kann den Rat leider nicht von seiner Unschuld überzeugen und wird daher aus der Zitadelle verbannt. Begleitet von seinem treuen Freund, dem Leuchtkäfer Belu, macht er sich nun also gezwungenermaßen auf den Weg. Sein Kumpel Pyth (Kurzform von Pythagoras) gibt ihm vor der Abreise noch den Tipp es vielleicht mal bei der Grashüpfer Zitadelle zu versuchen. Außerdem schenkt er Clid noch drei erste Hilfe Sets. Den Rest der durchaus humorvoll erzählten Story erlebt ihr dann am Besten selbst...

Screenshot von Clid the Snail

Gameplay & Steuerung

Bei Clid the Snail bekommt man die zu beschreitenden Pfade durch die Story relativ linear vorgegeben. Man erhält ein klares Ziel, erledigt es und bekommt dann ein neues Ziel. Zwischendurch ist es möglich die gesammelten Kristalle gegen Waffen, Munition oder Verbesserungen einzutauschen. Auch in den Levels trifft man öfter mal auf den Einsiedlerkrebs Hermes, der euch gegen Bares mit Granaten, Minen, Munition und Erste Hilfe Sets versorgt. Bei ihm kann man auch die Gehäuse wechseln, die man dazu aber bereits besitzen muss. Nur für das sehr seltene Ralar Harz bekommt man neue Gehäuse mit Spezialfähigkeiten. In den einzelnen Levels liegen versteckte Samenkörner mit denen man die Gesundheit permanent verbessern kann. Die Kristalle bekommt man für das Erledigen von Gegnern, sowie durch das Zerstören von Vasen. In Holzkisten kann Munition sein, es lohnt sich also einfach auf alles zu schießen, was sich bewegt und rumsteht. Dazu sollte man bevorzugt den Blaster nutzen, den Clid von Anfang an hat, denn hier ist die Munition unbegrenzt. Der Blaster lässt sich aufladen, was ihn zu einer sehr mächtigen Waffe macht. Allerdings dauert das Aufladen für mein Empfinden einen Tick zu lange um sich vernünftig gegen die Gegnerhorden wehren zu können. Insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad in Clid the Snail relativ hoch und man sollte immer vorsichtig voranschreiten. Die Gegner KI ist zwar eher dumm aber die Gegner sind trotzdem aggressiv und tödlich. Wenn man stirbt verliert man den Fortschritt seit dem letzten Checkpoint. Dabei sind die Checkpoints aber weitgehend fair in den Levels verteilt. Die verschiedenen Gegner – meist sind es Nacktschnecken – unterscheiden sich nicht nur in ihrem Angriffsmuster. Es gibt langsame und schnelle Gegner, Fernkämpfer, Würmer und durch Schilde geschützte Gegner. Da kommt es sehr gelegen, dass Clid relativ schnell die zusätzlichen Waffen freischalten kann. Doch leider sehen viele davon eigentlich nur cool aus und sind in den meisten Fällen dem brutalen Blaster mit unendlich Munition weit unterlegen. So habe ich meist dann doch nur die Startwaffe genutzt und hin und wieder für Spezialfälle zur wuchtigen Shotgun oder zum Maschinengewehr gewechselt. Die anderen Waffen waren bei den meisten Gegner einfach zu ineffektiv oder haben eine zu geringe Reichweite, was sehr schade ist, denn prinzipiell waren coole Waffen dabei. Hier hätte ich mir ein besseres Balancing oder offensichtliche Schwächen bei den Gegnern gewünscht, damit die vielen Waffen auch Sinn machen. Die echten Boss-Kämpfe bieten viel Abwechslung, das Zerstören der Schneckennester läuft hingegen viel zu ähnlich ab, um zu begeistern. Spätestens hier wird vermutlich auch ein Casual Gamer an seine Grenzen kommen, denn der ohnehin schon hohe Schwierigkeitsgrad steigt bei den Bossen und Nestern nochmal drastisch an. Die Levels haben mir insgesamt sehr gut gefallen. Sie haben eine angenehme Größe, bieten Abwechslung und es gibt viel zu erkunden. Neben den durchweg sehr guten obligatorischen Rätseln gibt es auch ein paar optionale Rätsel, die dann zu besonderem Loot führen.

Die Steuerung entspricht der eines typischen TwinStick-Shooters. Die Tastenbelegung ist sehr gut und alles erklärt sich von selbst. Clid kommt mir nur selbst für eine Schnecke etwas zu träge vor. Das Anvisieren von Gegnern, die auf einer höheren Ebene stehen dauert zu lange und ist zu unpräzise, so dass ich meist lieber den Weg dort hin gesucht habe und sie dann mit dem Blaster gekillt habe. Nervig ist dabei, dass dieser Gegnertyp entweder ständig mit gut gezielten Granaten wirft oder ebenfalls einen mächtigen Blaster besitzt. Es ist also Eile gefragt und das ist, wie bereits erwähnt, nicht grade Clids Stärke. Er beherrscht zwar auch einen Dash, mit dem man übrigens auch kleine Abgründe überwinden kann aber hier gibt es keine Invisibility-Frames , die Clid kurz vor Angriffen schützen und die knapp bemessene Ausdauer bremst zusätzlich aus. Auch hier scheint mir persönlich das Balancing noch nicht optimal. Das fehlende Treffer und Kill Feedback ist auch sehr gewöhnungsbedürftig. Abgesehen davon funktioniert Clid the Snail aber als Top-Down-Shooter recht gut und hat mich auch gut unterhalten.

Screenshot von Clid the Snail

Grafik & Sound

Clid the Snail ist bei genauer Betrachtung sehr liebevoll umgesetzt. Überall sind witzige Details zu finden, die aus der Welt der Menschen stammen. So fügen sich Eisstiele, Besteck, Glühwürmchen, Schmetterlinge, brennende Kerzen, bunte Lichterketten, Zauberwürfel, Kassetten oder Strohhalme nahtlos in die Umgebung ein, man läuft beispielsweise über eine alte E-Gitarre oder es schauen auch mal ein paar Regenwürmer aus der Erde. Auch Knochen und Totenschädel von den sogenannten Riesen, die längst ausgestorben sind, liegen überall rum. Die Gegner sind vielfältig und bieten durch die unterschiedlichen Angriffsmuster auch einiges an Abwechslung. Auch die Beleuchtung, sowie die Gore- und Partikeleffekte haben mir gut gefallen. Klingt eigentlich großartig, wenn da nicht das "aber" wäre... Durch die etwas ungünstig gewählte Kameraposition und die eingesetzten Bildfilter wirkt alles irgendwie unscharf und matschig. Dadurch erkennt man im normalen Spielgeschehen einfach zu wenig Details. Man sieht es an den Screenshots, dass Gegner oft schlecht zu sehen sind und auch Clid, der eigentlich sehr detailliert ist, geht so unnötig im Hintergrund unter. Hier hätte dem Spiel definitiv noch etwas Feintuning gut getan.

Der umfangreiche Soundtrack hat mir hingegen gut gefallen. Einige Stücke hätten zwar gerne etwas länger sein dürfen, damit sie sich nicht ganz so schnell wiederholen aber insgesamt ist die Musik sowohl quantitativ als auch qualitativ als gelungen zu bezeichnen. Die wuchtigen Waffensounds machen auch richtig Laune. Eine echte Sprachausgabe gibt es leider nicht, die verschiedenen Tiere sprechen alle nur Kauderwelch, was ein wenig nervt. Es gibt zwar fünf Regler in den Soundeinstellungen, das Kauderwelche ist aber nicht getrennt abschaltbar. Wirklich schade, dass es keine Sprachausgabe ins Spiel geschafft hat, denn es wird eigentlich sogar relativ viel gesprochen. Die Dialoge sind meist witzig geschrieben und enthalten zudem oft hilfreiche Tipps fürs Weiterkommen.

Screenshot von Clid the Snail

Fazit

Mit Clid the Snail ist dem jungen Entwicklerstudio Weird Beluga ein durchaus solides erstes Spiel gelungen. Es hat durchaus viele gute Ansätze aber man merkt an einigen Stellen einfach, dass das geringe Budget zu Einsparungen geführt hat. Mit einer echten Sprachausgabe, etwas mehr Polishing sowie größerem Umfang hätte Clid durchaus das Potential gehabt eine höhere Wertung abzustauben. Man merkt, dass viel Liebe und Herzblut in den Top-Down-Shooter geflossen ist und wer mit dem Genre etwas anfangen kann, der kann sich Clid the Snail definitiv mal im Angebot schnappen. Der angesetzte Preis ist angesichts der kleineren Balancing Probleme und bei einem Umfang von nur etwa 5-6 Stunden meiner Meinung nach zu hoch angesetzt. Ich hatte aber durchaus unterhaltsame Stunden mit Clid, Belu und den anderen Charakteren, die alle sehr schön ausgearbeitet sind. Auch die Story ist in sich schlüssig und erzählt mit einer guten Prise Humor eine dramatische Geschichte aus der Sicht einer kleinen Schnecke. Die Steuerung und das Gameplay bilden eine ordentliche Basis und die cleveren Rätsel sind gut ins Spielgeschehen integriert. Der hohe und inkonsistente Schwierigkeitsgrad ist hingegen sicher nicht für jedermann geeignet. Insbesondere die Boss-Kämpfe könnten den typischen Casual Gamer überfordern. Über die meisten Kritikpunkte, die mir aufgefallen sind konnte ich wohlwollend hinweg sehen, weil mir das Spiel insgesamt so sympathisch war. Wirklich schade fand ich eigentlich nur, dass ich schon nach 5 Stunden mit allem durch war und es dann auch kaum noch Gründe für einen erneuten Durchlauf gibt. Vielleicht kommt ja noch ein Neues Spiel+ oder zusätzlicher DLC, mich würde es freuen!

Pro

  • gelungener Mix aus Action & Rätseln
  • detailreiches Leveldesign
  • abwechslungsreiche Gegner
  • ganz solide Story mit witzigen Dialogen
  • wuchtige Soundeffekte
  • angenehm kurze Ladezeiten

Contra

  • sehr kurze Spieldauer
  • etwas fragwürdiger Grafikstil
  • unausgewogener Schwierigkeitsgrad
  • Waffenarsenal nahezu unnötig
  • nur Kauderwelch statt Sprachausgabe
  • nerviger Ausdauerbalken

Wertung

Testergebnis: 75%

7.5 Gut

Kaufempfehlung

50% Kaufempfehlung

50%Angebot abwarten

Getestet wurde Clid the Snail auf PS4 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.02 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Clid the Snail wurde uns von Plaion (Koch Media) kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!