Review

The Last of Us Part II · Test

Veröffentlicht am 04.07.2020 von Tobias Creter

Titelbild von The Last of Us Part II (PS4)

Endlich zurück in den post-apokalytischen USA

Ganze fünf Jahre sind vergangen seit Joel und Ellie durch die post-pandemischen USA gereist sind. Sie haben sich mittlerweile in einer Siedlung in Jackson, Wyoming niedergelassen und führen doch ein relativ normales Leben innerhalb der Gemeinschaft. Aber das Verhältnis zwischen den Beiden ist noch arg angespannt auf Grund der Ereignisse vor fünf Jahren.

Die Bedrohung durch die Infizierten ist noch nicht vorbei und auch die Welt um sie herum liegt noch weitgehend in Schutt und Asche. Geschäfte und Gebäude wurden über die Jahre geplündert und stehen leer. Nur selten findet man noch etwas Brauchbares und so streifen einige Gruppen immer weiter durchs Land, stets auf der Suche nach nützlichen Ressourcen und Medikamenten.

Begebt euch mit Ellie auf eine spannende Reise durch diese gefährliche Welt und erlebt eine mutige Story, die das Verständnis von Richtig und Falsch oft auf die Probe stellt.

Warnung:
Das Spiel könnte auf einige Menschen auf Grund der gezeigten Handlung verstörend wirken und die explizite Gewaltdarstellung ist nichts für schwache Nerven. Der Test ist aber komplett spoilerfrei, so dass ihr die Story selbst erleben könnt.

Screenshot von The Last of Us Part II

Naughty Dog zeigt sich wieder in Bestform

Die Veröffentlichung von The Last of Us war schon im Juni 2013. Ein Jahr nach der PlayStation 3 Fassung folgte dann das Remaster für die PS4. Fast auf den Tag genau sieben Jahre später ist nun endlich nach langer Wartezeit die Fortsetzung The Last of Us Part II erschienen. Schon damals, ebenfalls am Ende der Konsolengeneration, sah das Spiel unfassbar gut aus und räumte unzählige Preise ab. Jetzt stehen wir wieder kurz vor dem nächsten Konsolenrelease und Entwickler Naughty Dog unterstreicht mit TLOU2 nochmal, welche großartige Leistung die PlayStation 4 noch erbringen kann. Doch das Spiel ist viel mehr als nur ein Grafikwunder, es möchte auch mit einer Story beeindrucken, die sicher nicht jedermanns Geschmack treffen wird. Ein mutiger und gewagter Schritt von Naughty Dog, die sich mit The Last of Us Part II für mehr Toleranz und Akzeptanz einsetzen und zeigen, dass eine Medaille immer zwei Seiten hat. Die explizite und ausufernde Gewaltdarstellung, überraschende Ereignisse und wundervoll ruhige Momente brachten mich einige Male dazu den Controller zur Seite zu legen und das gerade Erlebte erstmal kurz wirken zu lassen. Zahlreiche Momente in TLOU2 erinnern stark an The Walking Dead und zeigen die Post-Apokalypse in all ihren Facetten.

Screenshot von The Last of Us Part II

Gameplay & Steuerung

Wie bereits im ersten Teil, erkundet ihr auch diesmal wieder viele unterschiedliche Orte, die trotz (oder sogar gerade wegen) ihrer Verwilderung oft etwas Wunderschönes haben. Mit verschiedenen Charakteren und oft in Begleitung reist man durch die USA und erlebt die aufwühlende Geschichte aus vielen Blickwinkeln. Immer wieder wechseln sich eher ruhige Passagen zum Entdecken und Sammeln mit actionreichen Schießereien und Nahkämpfen ab. Es gibt kleine Rätsel zu lösen und viele Sammelobjekte. Neugier und Risikobereitschaft wird eigentlich immer belohnt. Je mehr euch der Verstand sagt, geh dort besser nicht hinein, umso größer fällt später die Belohnung aus. The Last of Us Part II ist wie der Vorgänger ein Stealth-Action-Adventure mit Crafting und freischaltbaren Fähigkeiten. Es ist immer sinnvoll alles mitzunehmen, was man finden kann, um damit Waffen zu verbessern oder neue Fähigkeiten zu erlernen. Das Waffenarsenal ist zwar groß und von der Axt bis zum Flammenwerfer ist alles vorhanden aber die Munition ist wieder stark begrenzt. So kann es in vielen Fällen sinnvoll sein die Gegner einfach nur unbemerkt zu umgehen oder lautlos von hinten zu ermorden. Da die KI relativ clever ist und Gegner auch sehr gerne Flankieren oder von hinten angreifen, ist das nicht immer einfach. Die Stealth-Mechanik funktionierte für mich auch nicht ganz so gut, wie in manch anderen Spielen. Oft wurde ich entdeckt, obwohl ich mich vermeintlich unsichtbar fühlte und es endete in einem Shotgun-Massaker. Neben den Schusswaffen gehören auch Sprengfallen, Molotows und Rauchbomben zum Arsenal, welche besonders bei größeren Ansammlungen von Feinden hilfreich sind. Sobald man einmal das "Rezept" erlernt hat, kann man sich diese immer wieder selbst herstellen, wenn man die nötigen Materialien hat.

Die Steuerung weicht etwas von der üblichen Tastenbelegung eines Shooters ab, was hier wohl dem Crafting und Stealth-Gameplay geschuldet ist. Trotzdem funktioniert die Steuerung sehr gut und ist schnell erlernt. Man muss sich nur daran gewöhnen, dass Rennen nicht wie gewohnt L3 ist, sondern L1. Schneller Waffenwechsel ist hier R1 bei gedrückter L2 Taste statt Dreieck. Zum manuellen Nachladen einer Waffe muss man R2 gedrückt halten, was einige Male dazu führte, dass ich versehentlich die Nahkampf-Attacke von Quadrat zu sehen bekam. Doch das ist alles zu verschmerzen und man gewöhnt sich daran, man sollte nur TLOU2 nur nicht abwechselnd mit anderen Shootern spielen. Am nervigsten fand ich aber, dass ein Halten der R1 Taste, wodurch man durch Wände lauschen kann und somit die Feindbewegungen sieht, immer dazu führt, dass man in die Hocke geht. Lasst mich doch um Gotteswillen bitte selbst entscheiden, wann ich mich Ducken möchte. Insbesondere wenn man in hektischen Momenten nur zur Sicherheit prüfen möchte, ob da ein Feind hinter der nächsten Ecke lauert, will man doch nicht zwangsläufig plötzlich Schleichen. Gleiches gilt auch für die Verwendung von Verbänden oder die Herstellung neuer Ausrüstung. Das Spiel bietet unendlich viele Optionen für Sound, Grafik, HUD und Bedienhilfen aber dieses Manko lässt sich leider nicht abschalten.

Screenshot von The Last of Us Part II

Grafik & Sound

Noch nie sah die virtuelle Post-Apokalypse so gut aus. Insbesondere die extrem detailreiche Darstellung der verwilderten Natur brachte mich immer wieder zum Staunen. Bäume, Pflanzen und Wasser sehen so realistisch aus, wie ich das in noch keinem anderen Spiel erlebt habe. Aber auch die dunklen Räume und diffuseren Lichtverhältnisse wirken durch HDR noch realistischer. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet und die Mimiken und Gestiken wirken glaubhaft. Selbst herumstehende NPCs reagieren immer irgendwie wenn man an ihnen vorbei läuft. Das ganze Spiel wirkt durch diese liebevollen Details sehr realistisch und man fühlt sich trotz 3rd-Person-Perspektive nicht als Beobachter, sondern mittendrin. TLOU2 ist wie von Naughty Dog gewohnt so clever designt, dass es fast völlig ohne Ladebalken auskommt. Die benötigten Daten werden immer schon im Hintergrund geladen, während man grade einem Dialog lauscht oder sich durch eine enge Stelle quetscht. Bei einer Grafik auf diesem hohen Niveau ist das eine tolle Leistung und hat sicher viel Zeit für die Optimierung verschlungen. Nur ganz selten wird mal eine unscharfe Textur nachgeladen.

Der Soundtrack untermalt mal wieder perfekt des Geschehen auf dem Bildschirm. Nach stressigen Momenten folgt eigentlich immer ruhigere Passage mit entspannender Musik, um den Spieler emotional wieder etwas runter zu bringen. Die Soundeffekte sorgen dafür, dass die Jump-Scares euch so richtig schön zusammen zucken lassen. Die Geräusche der Infizierten sind so gruslig, dass sie vielleicht den einen oder anderen Spieler in seine Albträume verfolgen. Am intensivsten fühlt sich TLOU2 mit Kopfhörern an, denn dann ist man nicht durch Außengeräuche abgelenkt und kann voll in das Spielgeschehen eintauchen. Ein weitere großer Vorteil von Kopfhörern ist, dass man dann den permanent am absoluten Limit rotierenden Lüfter der PlayStation 4 auch nicht mehr hört. The Last of Us Part II verlangt der betagten PS4 kurz vor der Ablösung durch die PS5 nochmal alles ab und holt das Maximum aus ihr heraus.

Screenshot von The Last of Us Part II

Fazit

Nach genau 32 Stunden und 24 Minuten im normalen Schwierigkeitsgrad war ich am Abspann angekommen. Allerdings hatte ich auch recht ausgiebig die Umgebung erkundet und alles gesammelt, was ich finden konnte. The Last of Us Part II hinterlässt gemischte Gefühle bei mir. Die mutige und umstrittene Story ist Geschmackssache und ich bin nicht unbedingt mit allem glücklich, was ich auf meiner Reise erlebt habe aber das Storytelling ist über jeden Zweifel erhaben. Gekonnt wird Spannung aufgebaut und die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt. Durch die wechselnden spielbaren Charaktere entstand eine Art Bindung und Verständnis für deren Handeln. Das Spiel zeigt sehr eindrucksvoll, dass es eben nicht nur Schwarz und Weiß gibt, sondern auch ganz viele Grautöne.

Aus technischer Sicht ist The Last of Us Part II ein absoluter Meilenstein der aktuellen Konsolengeneration. TLOU2 ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die mit einer Mischung aus erbarmungsloser Brutalität und wundervoll ruhigen Momenten für immer im Gedächtnis bleibt. Dazu sind Grafik und Sound auf absolutem Top-Niveau. Unendlich viel Liebe zum Detail bereichert das Spiel immens. Die Mimiken und Gestiken der Charaktere sind sehr realitätsnah und sogar die deutsche Synchro passt sehr gut zu den Lippenbewegungen. Der Soundtrack wurde von Naughty Dog wiedermal wundervoll passend ausgewählt und die gruseligen Klicker Soundeffekte sorgen immer wieder aufs Neue für Gänsehaut. Mir persönlich haben die ruhigen Momente am Besten gefallen, in denen man die weitläufige und abwechslungsreiche Umgebung erkundet, Gitarre spielt oder den überdurchschnittlich guten Dialogen lauscht. Die Shooter- und Stealthmechaniken sind hingegen etwas enttäuschend, das können andere Spiele besser. Wer den ersten Teil mochte und gewillt ist, sich auf die Story einzulassen, der wird sicher nicht enttäuscht. Neueinsteigern würde ich unbedingt ans Herz legen den Vorgänger erst noch nachzuholen.

TLOU2 ist das bisher längste Spiel von Naughty Dog. Sicher hätte man auch einige Szenen weglassen können, doch gerade durch die ausufernde Erzählweise und die vielen Zeitsprünge bekommt man einen tollen Einblick in die Beziehungen der Charaktere zueinander. Das Spiel ist lang, wird aber nie langweilig. Jetzt werde ich im "Neues Spiel+" noch schnell die letzten paar Sammelobjekte suchen, den einen übersehenen Tresor knacken und die vier noch fehlenden Waffenupgrades freischalten. Ich freue mich darauf, die Geschichte noch ein zweites Mal zu erleben und diesmal auf andere Details zu achten, da ich schon weiß was passiert. The Last of Us Part II ist vielleicht nicht das perfekte Spiel aber es ist verdammt nah dran. Danke für dieses großartige und unvergessliche Spielerlebnis.

Pro

  • episches Meisterwerk mit ausgezeichnetem Storytelling
  • Grafik auf höchstem Niveau mit liebevollen Details
  • grandioser Soundtrack
  • gute deutsche Synchronisation
  • viele ungeahnte Überraschungen

Contra

  • Story ist definitiv Geschmackssache
  • Steuerung wirkt manchmal träge
  • in hektischen Passagen etwas hakelig
  • PS4 Lüfter dreht permanent auf Hochtouren

Wertung

Testergebnis: 9.5

9.5 Hervorragend

Kaufempfehlung

85% Kaufempfehlung

85%Sehr empfehlenswert

Getestet wurde The Last of Us Part II auf PS4 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.02 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für The Last of Us Part II wurde uns von Sony Interactive Entertainment Europe kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!