Review

The Dark Pictures Little Hope · Test

Veröffentlicht am 06.11.2020 von Andreas Erber

Titelbild von The Dark Pictures Little Hope (PC, PS4, Xbox One)

Umleitung durch Little Hope

Supermassive Games bringt mit Bandai Namco Horrorgame Little Hope auf den Markt. Es handelt sich um den zweiten Teil der The Dark Pictures Anthology. Little Hope hat im Vergleich zu "Man of Medan" einen komplett frischen Schauplatz, andere Charaktere und eine völlig neue Handlung zu bieten. Jede Entscheidung der Spieler:innen trägt zur nächsten Aktion der Handlung bei. Das bringt viel Spannung und Dynamik in den Spielverlauf, wodurch die nötige Horror-Garantie abgeliefert wird.
Eigentlich sollte es für 4 Studenten und Professor John nur eine Schulbusausflug werden, doch dann kam alles ganz anders.

"Da vorne ist etwas passiert! Ein großer Unfall, wir mussten die Straße sperren. Wir leiten den Verkehr durch Little Hope um.", erzählt der Sheriff dem Schulbusfahrer. Doch die Umleitung zu wählen war ein noch größerer Fehler...

Jetzt heißt es das Schicksal selbst in die Hand zu nehmen!

Screenshot von The Dark Pictures Little Hope

Wo sind wir hier?

Anders als im ersten Teil, wo sich das Geschehen auf einem Schiff abgespielt hatte, finden sich vier College Studenten und ihr Professor gefangen und isoliert in der verlassenen Stadt Little Hope wieder.

Erzählt wird die Geschichte erneut von dem mysteriösen Kurator, der die Geschichte mit gekonntem Witz und Raffinesse erzählt. Ab und zu gibt der Geschichtenerzähler auch kleine Tipps von sich.

Nun zur Story, dem wichtigsten Element der "The Dark Pictures" Ableger.
Die Straße war wegen eines Unfalls gesperrt, somit musste der Busfahrer mit den fünf Protagonisten über Little Hope einen Umweg fahren. Durch eine mysteriöse Erscheinung mitten auf der Straße, kam der Schulbus jedoch ins Rutschen und kippte um. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen und so war die Gruppe gezwungen zu Fuß weiter nach Little Hope zu gelangen. Der dichte Nebel führte zu keinem Ausweg und so war die Kleinstadt die letzte kleine Hoffnung, um dort nach Hilfe und dem verloren gegangenen Busfahrer zu suchen. Die Hoffnung erlosch rasch, als sie die ausgestorbene U.S. Kleinstadt erreichten. Alles was sie vorfanden waren furchterregende Erscheinungen, die wie in einem Alptraum erbarmungslos aus einem undurchdringbaren Nebel kamen. Durch zufällige Berührungen mit den Geisterwesen erlebt die Gruppe in Form von visuellen Rückblicken, was in einer früheren Zeit, in der noch die Hexenverbrennung das Leben in Little Hope bestimmte, geschah. Ja, auch Hexen mischen sich ein und treiben in der paranoiden Story ihr Unwesen. Unheimlich sind die Charaktere in den Visionen, die verblüffende Ähnlichkeiten zu den Studenten und dem Professor aufweisen. Ein Spiel zwischen Parallelwelten beginnt.
Verheimlicht der Busfahrer etwas und wird es ihnen gelingen dem Wahnsinn zu entkommen?

Screenshot von The Dark Pictures Little Hope

Gameplay & Steuerung

Das Spielprinzip ähnelt selbstverständlich dem Vorgänger in so gut wie allen Bereichen. Hauptsächlich ist Little Hope mehr Film als Spiel, was sich durch die langen Zwischensequenzen bemerkbar macht. Die dazwischen eingebauten Gameplay-Elemente dienen im Grunde zur Verbindung der einzelnen Videoabschnitte. Eines der wichtigen Elemente sind die Spielpassagen in denen unter Zeitdruck die richtigen Tasten auf dem Controller gedrückt werden müssen. Fehlgriffe werden beispielsweise mit bösen Angriffen der Gegenseite bestraft. Dabei wird, anders als beim Vorgänger, die Aktionsvariante vorab angekündigt. Spieler:innen können sich durch verschiedene Icons am Bildschirmrand bereits im Vorfeld auf die kommende Combo einstellen. Dabei wird beispielsweise angezeigt, ob diese mit oder Cursorjustierung vonstatten gehen müssen. Auch die bereits aus dem ersten Teil bekannten Stealth-Herausforderungen sind wieder mit an Bord. Wie bei den Rockband-Spielen müssen zur richtigen Zeit die richtigen Tasten gedrückt werden. Zusätzlich wird das Tastengedrücke von unregelmäßigen Impulsen in den Videos erschwert. Ein falscher Druck auf die Taste und es kann zu einem ungewollten Geräusch kommen, dass den unwissenden Gegner aufscheucht.
Etwas schwach sind die zu häufig erscheinenden Schockmomente, sogenannte "Jumpscares", die das Horror-Klischee zum Nachteil verstärken. Hier hätten sich die Entwickler ihren Ideenreichtum weiter ausspielen müssen.

Neben den Tastenkombinationen und altbekannten Schockmomenten gibt es wichtige Entscheidungsfreiheiten in Form von verschiedenen Antwortmöglichkeiten in Dialogen. Jede Entscheidung formt den Verlauf der Geschichte als auch zum Teil die Charaktere selbst. Mit dabei sind typische Stereotypen wie der Vernünftige, der Besserwisser oder auch die Rebellin. All diese lassen sich durch Entscheidungen der Spieler:innen lenken. Die Charaktere besitzen übrigens kaum Tiefe und sie besitzen auch keine Hintergrundgeschichten, was sie zu austauschbaren Figuren macht. Durch die größeren Altersunterschiede zwischen den Beteiligten ergeben sich allerdings tiefgründigere Differenzen in schwierigen Situationen und Konflikten. Interessant ist, dass neben John, dem Professor, auch eine der Studentinnen zum älteren Semester gehört.

In Sachen Bewegungsfreiheit ist man leider nicht so vogelfrei. Der Nebel drängt die Spieler:innen den vorgegebenen Weg der Entwickler zu nehmen. Dadurch werden das Experimentieren und erweiterte Erkunden von Umgebungen stark eingeschränkt. Allerdings wird dadurch verhindert, dass der Film beziehungsweise das Spiel nicht unnötig in die Länge gezogen wird.
Die weitere Zeit werden begrenzte Orte oder Räumlichkeiten erkundet, in denen es Gegenstände oder Dokumente zu untersuchen gilt. Auch Postkarten sind wieder mit von der Partie, die auch mal visuell tödliche Vorahnungen in der nahen Zukunft offenbaren.

Die Story lässt sich alleine oder zusammen mit Freunden im Mehrspielemodus erleben. Im Online-Koop muss selbstverständlich jeder eine Version des Spiels besitzen. Noch dazu kommt, dass nur Spieler:innen aus der Freundesliste zur Spielsession hinzugefügt werden können. Eine generelle Spielersuche gibt es nicht. Im Spielverlauf sieht jeder Spieler nur das Bild aus der Perspektive seines Charakters und stellenweise werden Sequenzen gemeinsam erlebt. Auch getrennte Wege müssen bewältigt werden, bei denen der Spieler:innen vom Anderen nichts mitbekommen.
Ein weiterer Mehrspielermodus bietet eine ganz besondere Erfahrung! "Filmabend", ein Couch-Koop Modus in dem 2-5 Mitspieler mit nur einem Controller spielen. Dieser wird nämlich lediglich herumgereicht. Das gibt gleich mehreren Personen die Möglichkeit mit nur einem Konsolensystem einen schaurigen Abend zu genießen.

Screenshot von The Dark Pictures Little Hope

Grafik & Sound

Wie auch bereits der erste Ableger bietet auch Little Hope eine cineastische Horrorerfahrung mit filmreifen Kameraführungen. Zwar legt Supermassive Games die Messlatte zu anderen grafischen High-end-Spielen nicht sonderlich hoch, doch können Grafikdetails und Animationen durchaus überzeugen. Gewisse Animationen im Gesicht (Mund, Augen, ...) sind nicht immer hundertprozentig stimmig und Bewegungsabläufe beim Erkunden der Spielwelt wirken stellenweise noch etwas unnatürlich. Das Gesamtbild jedoch wirkt im Vergleich zum Vorgänger dank einer stabileren Bildwiederholungsrate etwas ruhiger. Auch die Übergänge zwischen Film- und Spielsequenzen verlaufen spürbar runder. In der "Volume 1 - Limited Edition" (enthält Man of Medan und Little Hope) würden wir uns ein Software-Update des Vorgängers zur technischen Anpassung der beiden Titel wünschen.

Der Sound ist für ein Horrorspiel perfekt abgemischt. Düstere, schräge Klänge wechseln sich mit symphonischen Phrasen harmonisch ab. Bemängelt wurden zwar die zu häufigen Jumpscares, die jedoch mit blitzartigen Soundeffekten bestmöglich bestückt wurden. Trotz der abgenutzten Art Leuten einen Schreck einzujagen gelingt dies dennoch immer wieder dank der pfiffigen Effekte. Auch die Hintergrundgeräuschkulisse weiß zu gefallen und bietet einen breiten und facettenreichen Klangteppich.
Hervorzuheben ist die deutsche Sprachausgabe, die sehr gut umgesetzt wurde. Ab und an passiert es durch Sound-Bugs, dass englische Sätze sich in die Übersetzung einmischen oder stellenweise die Charaktere stumm bleiben, obwohl sie ihren Mund bewegen. Dieses Problem beeinflusst den Spielfluss jedoch in keiner Weise und trüben den Spielspaß kaum.

Screenshot von The Dark Pictures Little Hope

Fazit

Die Horrorinszenierung funktioniert auch am Land in Little Hope sehr gut und bietet den Gruselfaktor für alle Spieler:innen. Beachtet werden muss allerdings, dass es sich bei dieser Art von Spiel eher um eine Verfilmung handelt. Zwar kommen immer wieder Gameplay-Elemente zur Anwendung, doch die meiste Zeit verbringen Spieler:innen mit vielen langen Videosequenzen. Neu ist die Ankündigung der nächsten Gameplay-Passagen durch verschiedene Icons am Bildschirmrand. Leider können diese Einblendungen als störend empfunden werden. Grafisch ist der Titel auf einem hohen Niveau, wenn auch ein paar Animationen noch unrund wirken. Horror-Profis werden vermutlich von den zu oft wiederholenden Schockmomenten gelangweilt werden, doch dank der dazupassenden, stimmigen Soundeffekte fällt dies dem Gelegenheitsspieler kaum auf. Soundtechnisch gibt es kaum was zu bemängeln. Die deutsche Sprachausgabe ist bis auf ein paar Bugs hervorragend. Gesamt betrachtet haben es Spieler:innen mit einem spannenden, interaktiven Horrorspiel zu tun. Little Hope ist die logische Fortsetzung der Serie und kann in technischer Hinsicht mit leichten Verbesserungen trumpfen. Spielerisch fällt der Titel auf Grund der wenigen, eingeschränkten Gameplay-Passagen eher flach aus.

Pro

  • Horror-Spaß für fast jeden Spieler-Typ
  • cineastische Horror-Erfahrung
  • Film- und Spielübergänge sind viel flüssiger
  • passender, gruseliger Soundtrack mit stimmigen Soundeffekten
  • deutsche Sprachausgabe vom Kontext her sehr ordentlich

Contra

  • manche Animationen beim Fortbewegen wirken unnatürlich
  • Schockmomente häufen sich zu oft im selben Rhythmus
  • zu wenig Gameplay-Passagen (wenig Abwechslung bei den aktiven Aktionen)
  • Icons der kommenden Tasten-Combos sind trotz Hilfestellung ein wenig störend
  • deutsche Sprachausgabe fällt teilweise aus
  • Lautstärke der Dialoge sind manchmal zu unterschiedlich, akustisch schwer zu verstehen

Wertung

Testergebnis: 80%

8.0 Gut

Kaufempfehlung

85% Kaufempfehlung

85%Sehr empfehlenswert

Getestet wurde The Dark Pictures Little Hope auf PS4 von Andreas Erber. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.03 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für The Dark Pictures Little Hope wurde uns von Bandai Namco Entertainment Europe kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!