Review

The Dark Pictures Anthology: Man of Medan · Test

Veröffentlicht am 28.08.2019 von Andreas Erber

Titelbild von The Dark Pictures Anthology: Man of Medan (PC, PS4, Xbox One)

Spiel. Nicht. Alleine.

Supermassive Games bringt zusammen mit Publisher Bandai Namco ein extrem cooles Game mit dem etwas zu lang geratenen Titel "The Dark Pictures: Man of Medan" heraus. Weniger langatmig ist hingegen der Inhalt des Spiels, welcher eine extrem spannende Story über 4 Freunde und einer mutigen Kapitänin enthält.

"Hallo und Willkommen in meiner Schatzkammer": so werden wir von einem geheimnisvollen Geschichtenerzähler nach dem ausführlichen Intro begrüßt. Dieser Erzähler bezeichnet sich überzeugt als Kurator, was laut Wörterbuch übersetzt soviel wie Vormund, Pfleger oder Vertreter bedeutet. Der Kurator führt euch durch die gesamte Story des Spiels und warnt euch vor unüberlegten Entscheidungen, die ihr im Verlaufe der Handlung treffen müsst. Jeder Mensch hat einen moralischen Kompass und ihr Entscheidet wohin die Reise gehen soll und welche Wendungen die Protagonisten durchlaufen müssen. Wählt weise zwischen Leben und Tod. Erlebt das Grauen an Bord eines Geisterschiffs. Wer nicht lebensmüde ist spielt dieses Spiel am besten nicht allein.

Screenshot von The Dark Pictures Anthology: Man of Medan

Wen rettest du?

Die SS Ourang Medan, ein niederländisches Schiff erlitt auf mysteriöser Weise Schiffsbruch und setzte im Februar 1948 einen Notruf im Pazifik ab. Die Silver Star machte sich auf dem Weg zur Position des S.O.S. Rufes und schickte ein Team von 10 Männern mit einem Beiboot zur Medan hin, die überraschenderweise unversehrt zu sein schien. Auf dem Deck des geisterhaften Dampfers traf die zu Hilfe kommende Besatzung auf die ersten Leichen und stellte fest, dass die gesamte Crew ums Leben gekommen ist. Auch der Funker des Notrufs war unter den Toten. Die Männer der Silver Star vernahmen einen seltsamen Geruch, der auf ein entfachtes Feuer zurückzuführen war. Mehrere Explosionen folgten darauf, wobei das Rettungsteam sofort die Evakuierung ausrief und sich selbst in Sicherheit gebracht hatten. Der Dampfer sank und mit ihm sein Geheimnis.

Doch das ist nicht ganz korrekt. Überlebende konnten sich vor dem Eintreffen des Hilfstrupps mit einem kleinen Boot in Sicherheit bringen. Unter den Gestandenen verblieb ein einziger Überlebender, welcher völlig geschwächt von illegalen Umständen, dem Eintreten von Meerwasser und freigesetzten, giftigen Gasen erzählte. Das gelagerte Nitroglycerin lösten schließlich die äußerst gefährlichen Explosionen aus.

Fortgeführt wird die Story in der Gegenwart mit 4 jungen Leuten und einer mutigen, jungen Kapitänin namens Fliss, die sich gegen eine gute Bezahlung für einen Tauchertrip überreden ließ. Zu Beginn kommen sich Brad, Alex, Conrad und Julia mehr oder weniger näher. Das "mehr oder weniger" hat mit euren Entscheidungen zu tun, welche sich durchaus auf den Verlauf der Story auswirken können. Bei den ersten Tauchgängen finden Alex und Julia in einem Flugzeugsfrack einen halbzerstörten Notizzettel mit Koordinaten darauf, die einen wertvollen Fund versprechen. Fliss warnte als Kapitänin die jungen Abenteurer, doch die Neugier ließ sie einfach nicht aufhalten. Taucht ein in die tiefen Geheimnisse des Meeres!

Screenshot von The Dark Pictures Anthology: Man of Medan

Gameplay & Steuerung

Das Gameplay besteht vorrangig aus Zwischensequenzen mit Entscheidungsfreiheiten und filmreichen Erkundungstouren, in denen ihr selber einen der Protagonisten steuern dürft. Dabei könnt ihr mit einem Druck auf die X-Taste verschiedenste Hinweise, Geheimnisse und Vorahnungen aufdecken. Diese versteckten Items sind meist offensichtlich in der Spielwelt zu finden und blitzen ab und zu kurz auf. Viele gefundene Objekte lassen sich mit der R2-Taste aufheben und mit dem Analogstick wenden. Meist vergeben sich auf der Rückseite wertvolle Hinweise. Besonders die als Wandbild versteckten Vorahnungen bieten euch kurze Videosequenzen die als eine zukünftige Vision zu verstehen sind. Solltet ihr euch dabei erwischen, einige der wichtigen Hinweise übersehen zu haben, könnt ihr diese Passagen später wiederholen. So entstehen im Verlauf der Story unterschiedliche Szenarien und Schicksale. Das Ende kann sich durch differenzierte Antworten völlig anders entwickeln.

Diese Entscheidungsabzweigungen werden als eine Art moralischer Kompass angezeigt. Mit dem Joystick könnt ihr eine Antwort wählen. Durch die genial inszenierten Videosequenzen, die das Spiel schon eher als Film wirken lassen, kann es schon mal passieren, dass der Controller gerne mal beiseitegelegt wird. Doch Vorsicht! Wenn ihr keine Wahl trefft und die Zeit zum Antworten abläuft, wird keine Antwort gegeben, was im schlimmsten Fall ein schlechtes Karma über euch herzieht. Mit der R1-Taste könnt ihr ein Menü aufrufen, welches euch die Eigenschaften, Gefühle und Beziehungen zwischen den Charakteren auflistet.

Neben dem Entscheidungskompass dürft ihr auch plötzlich auftauchende Symbole nicht verschlafen, die ihr schnellst möglichst drücken solltet. Behaltet den Controller also am besten in eurer Hand. Selbst mir passierte es immer wieder, dass ich Blitzaktionen verschlafen hatte. Ein Beispiel gefällig?
In der Passage des Spiels in der Julia und Alex schnell aus den Tiefen des Meeres auftauchen wollen, da sie auf der Wasseroberfläche eine Art Explosion auf dem Motorboot wahrnehmen kommt es zur folgenden Entscheidung. Vor dem Auftauchen Dekomprimieren: JA oder NEIN?! Ich habe mich für die Gesundheit der beiden Taucher entschieden und somit ihnen ein sicheres Auftauchen garantiert. Was wäre wohl passiert, wenn wir diese Tauchtechnik nicht angewandt hätten? Das ist extrem spannend!!

Um eine Langzeitmotivation zu erschaffen haben die Entwickler 69 Todesarten ins Spiel eingebaut, wofür über 8 Durchläufe notwendig wären, um alle erleben zu können. Für neugierige Spieler gibt als jede Menge zu tun.

Nun zur Steuerung der Protagonisten, welche im Großen und Ganzen sauber und präzise verläuft. Nur ab und zu passiert es, dass ihr kurz in einer Ecke feststeckt. Besonders im Intro hatte ich so meine Schwierigkeiten die gewünschten Richtungsangaben zu realisieren. Im Prinzip erinnert ja diese Mechanik an die ersten "Resident Evil" Spiele. Doch in Man of Medan wirkt das ganze wesentlich moderner und dynamischer. Schneller Laufen geht über die L1-Taste. Doch vom Rennen ist hier leider keine Spur. Der Spieler ist sich dabei meist gar nicht sicher, ob der junge Held noch geht oder schon läuft. Vielleicht hilft da ein kleines Update weiter.
Ganz cool gelöst ist das Verstecken vor suchenden Gegnern. Dabei müsst ihr im Herz-Rhythmus die X-Taste, wie in einem Musikspiel, zum exakten Zeitpunkt treffen.
Also… ganz ruhig bleiben!

Neben der Solostory gibt es auch 2 Multiplayermodi. Mit "Shared Story" können zwei Spieler online kooperativ spielen und verschiedene Szenen aus dem Einzelspieler-Modus erleben. Dabei wird auf einen Splitscreen Modus komplett verzichtet.
"Movie Night" hingegen ist ein Couch-Koop-Modus, in dem bis zu 5 lokale Spieler ihre Charaktere auswählen können. In jeder Runde werden sie aufgefordert, den Controller weiterzugeben. Dadurch entsteht ein dynamisches Miteinander. Perfekt als Alternative zu einem gewöhnlichen Filmabend mit Freunden!

Info: Vorbesteller werden ab dem Release Zugang zum "Curator's Cut" erhalten. Dieser Modus wird nach dem erstmaligen Durchspielen der Geschichte freigeschaltet und bietet Szenen, die aus der Perspektive des anderen Charakters spielbar sind, mit brandneuen Auswahlmöglichkeiten und Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Der "Curator's Cut" wird für alle anderen Spieler zu einem späteren Zeitpunkt kostenlos erhältlich sein.

Screenshot von The Dark Pictures Anthology: Man of Medan

Grafik & Sound

Besonders Spiele die eher als Hollywood-Streifen zu sehen sind benötigen eine extrem gute Darstellung in Sachen Grafik und Sound, um trotz des einfachen Gameplayseine faire Preis-/Leistungsqualität zu gewährleisten. Man of Maden schafft den gewagten Spagat zwischen Film und Interaktion mit Bravur. Die Unterschiede zwischen den Filmsequenzen und Gameplay-Passagen fallen grafisch bewusst gering aus. Zwar hätte die Qualität in den Videos vielleicht noch einen ticken besser ausfallen können, doch dann wäre der Übergang in die steuerbare Spielwelt einfach zu grob ausgefallen. Es wird gekonnt vermieden, dass der Spieler aus der Geschichte herausgerissen wird.

In den Videos sieht man regelrecht den leichten Angstschweiß auf den runzeligen Stirnen der jungen Abenteurer. Auch die Licht- und Schatteneffekte sind gelungen. Sichtbare Staubpartikel gibt es leider selten zu sehen, welche die Atmosphäre noch weiter erhöhen könnten.
Ab und zu sehen die Bewegungen im Gesichtsbereich bei manchen Charakteren etwas unnatürlich, was vor allem bei der Augenpartie am stärksten auffällt. Dafür sehen Zähne schon fast fotorealistisch aus. Cool, sind die teils abgefahrenen Kamerapositionen. Beispielsweise wechselt die Third-Person-Ansicht versteckt hinter einer alten Holztreppe, während ihr diese langsam heruntersteigt.

Der Soundtrack ist äußerst genial. Ein Song beginnt mit einem Sologesang, welches etwas später mit rockigen Klängen unterstützt wird. Auch die Soundeffekte bieten einen ordentlichen Hörgenuss. Lediglich die Balance zwischen Sprachausgabe und Hintergrundgeräusche solltet ihr etwas in den Optionen einstellen. Nach einer kleinen Justierung ist alles gut. Die deutsche Sprachausgabe ist überragend und extrem authentisch. Im Allgemeinen kann über ein gutes Klangbild gesprochen werden.

Screenshot von The Dark Pictures Anthology: Man of Medan

Fazit

Wer "Until Dawn" zu seinen Favoriten zählt, wird "Man of Medan" lieben, denn es handelt sich hierbei um die selben Entwickler. Die Story wird spannend erzählt und zieht den Spieler wahrlich in seinen Bann. Entscheidungen können frei gewählt oder gar ignoriert werden und spontane Tastenkombinationen lockern das ansonsten relativ geradlinige Gameplay auf. Die stimmige Grafik sowie die gelungene Sprachausgabe beweisen das Talent des Entwicklerteams von Supermassive Games. In akustischer Hinsicht bilden der Soundtrack und die Effekte ein gutes Bild. Fans dieses Genres können sich darüber hinaus über bis zu 7 weitere Sequels freuen. Für Zusatzinhalte ist somit für die kommenden Monate und Jahre erstmal gesorgt. Das Spiel ist für Horror-, Film- und Entscheidungsfans ein Must-Have! Aber entscheidet selbst…

Pro

  • filmreife Grafik, welche sich mit dem Gameplay perfekt übereinstimmt
  • Wiederspielwert ist durch die vielen Story-Möglichkeiten äußerst hoch
  • gelungene deutsche Sprachausgabe
  • perfekt als Alternative zu einem gewöhnlichen Filmabend mit Freunden

Contra

  • Zwischensequenzen ruckeln zeitweise
  • "schneller Laufen" mit der L1-Taste ist viel zu träge
  • eine Begleit-App für den Mehrspielermodus wäre praktisch gewesen

Wertung

Testergebnis: 80%

8.0 Gut

Kaufempfehlung

65% Kaufempfehlung

65%Angebot abwarten

Getestet wurde The Dark Pictures Anthology: Man of Medan auf PS4 von Andreas Erber. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.02 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für The Dark Pictures Anthology: Man of Medan wurde uns von Bandai Namco Entertainment Europe kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!