Review

Project Cars 3 · Test

Veröffentlicht am 02.09.2020 von Tobias Creter

Titelbild von Project Cars 3 (PC, PS4, Xbox One)

Der neuste Teil der Rennsimulation kommt mit vielen Änderungen

Die Rennspielserie Project Cars stand bisher für Realismus und knallharte Rennsimulation. Mit Project Cars 3 wagen sich die Entwickler von diesem bewährten Pfad ein ganzes Stück weg und wollen dadurch wohl eine neue Zielgruppe erschließen. Simulationsfans dürften bei diesem Richtungswechsel nicht grade Begeisterung empfinden aber vielleicht sind die Befürchtungen ja unberechtigt und am Ende gelingt der Spagat zwischen Arcade-Racer und Rennsimulation. In diesem Test werde ich die Änderungen aufzeigen, sowie die Vor- und Nachteile für beide Zielgruppen beleuchten. Am Ende wisst ihr hoffentlich, ob Project Cars 3 etwas für euch ist, oder ihr lieber zu einem anderen Rennspiel greifen solltet. Da das Spiel sich nun bewusst auch am Controller sehr gut spielen soll, habe ich auch einen großen Teil mit Controller gespielt und mit den Einstellungen experimentiert. Natürlich kam aber auch ein Lenkrad (Logitech G29) zum Einsatz und ich habe versucht Project Cars 3 bestmöglich auf Simulation zu trimmen.

Screenshot von Project Cars 3

Identitätskrise oder coole Neuerungen?

Bei Project Cars dreht sich seit Teil 1 alles um Autos. Der Londoner Entwickler Slightly Mad Studios brachte 2015 das über Crowdfunding finanzierte Project Cars für PS4, Xbox One und Windows heraus. Das Studio arbeitete sehr eng mit der Community zusammen, um eine tolle Rennsimulation abzuliefern. Der erste Teil kam auch überwiegend gut bei Presse und Spielern an. Zwei Jahre später folgte dann direkt Project Cars 2 und neben zusätzlichen Strecken, Fahrzeugen und Spielmodi orientierte man sich mehr Richtung eSport. Schon immer glänzte die Serie vor Allem durch Authentizität. Strecken, Fahrzeuge, Physik und Sound sollten möglichst nah an die Realität rankommen. Das gelang zuletzt mit Project Cars 2 auch sehr gut. Insbesondere das sehr komplex konfigurierbare dynamische Wetter und ein vollständiges Schadensmodell waren große Pluspunkte und hoben das Spiel von der Konkurrenz ab. Durch unzählige Einstellmöglichkeiten und den hohen Schwierigkeitsgrad war die Lernkurve für Neueinsteiger sehr steil, dafür bekamen Sim-Racer aber ein extrem gutes Rennspiel.

Und jetzt im neu erschienenen Project Cars 3 erfolgte plötzlich ein Richtungswechsel, der zahlreichen Fans der Serie nicht gefallen hat. Viele Features, die das Spiel zu dem machten, was es bis dahin war, wurden gestrichen (Reifenabnutzung, Treibstoffverbrauch, Gummiabrieb auf der Strecke, Reifen- und Motortemperatur, Boxenstopps) und dafür kamen neue Arcade-Elemente ins Spiel, wie z.B. Erfahrungspunkte, Spielerlevel, Fahrzeuglevel, Ziele und In-Game Credits. Im Karrieremodus muss man sich die benötigten Autos jetzt zuerst über das Verdienen von Credits freischalten und auch das Tuning läuft über Credits. Für eigene Rennen oder im Online Multiplayer hat man aber wenigstens weiterhin, wie gewohnt, sofortigen Zugriff auf alle Fahrzeuge. Vom vollständigen Schadensmodell des Vorgängers wurden leider nur die optischen Schäden übernommen, (zufällige) Motorprobleme oder physikalisch spürbare Schäden bis hin zum Totalschaden gibt es nicht mehr. Auch die optional einblendbare Ideallinie gibt es nicht mehr, man bekommt nun nur noch Brems- Scheitel und Kurvenendpunkte angezeigt, sofern man das möchte. Das sollten die wichtigsten Änderungen gewesen sein, die für Besitzer von Project Cars 2 interessant sein dürften. Beibehalten wurde die realistische Fahrphysik, sowie die detailgenau nachgebildeten Strecken und Fahrzeuge. Auch die Lenkradunterstützung ist weiterhin sehr gut, es wurde diesmal aber auch großer Wert darauf gelegt, das Spiel für Controller zu optimieren. Ob diese ganzen Änderungen mit der Übernahme durch Codemasters letztes Jahr zu tun haben oder man einfach nur eine größere Zielgruppe erreichen will, ist reine Spekulation. Ich gehe aber stark davon aus, dass man dadurch aber einige Fans an die Konkurrenz verlieren wird.

Screenshot von Project Cars 3

Spielmodi

Karrieremodus
Im Karrieremodus startet man in der kleinsten Klasse. Am Anfang stehen vier verschiedene Renn-Events zur Auswahl, den Rest muss man freischalten. In den Rennen verdient man zusätzliche Erfahrungspunkte durch das Abschließen von Aufgaben. Das Ganze erinnert dabei irgendwie stark an Drive Club und Grid. Auch das Fahrzeugsetup lässt sich noch vor dem Rennstart anpassen. Allerdings muss man hierfür zunächst einen Tuningplatz für 100 Credits (pro Fahrzeug) kaufen. Viele der Tuningmöglichkeiten muss man allerdings erst durch Upgrades im Spiel freischalten. Die Einstellmöglichkeiten bleiben weit hinter dem zurück, was man vom Vorgänger gewohnt ist und Erklärungen gibt es keine. Es gibt kurze actionreiche Videos, die als Einführung und Tutorial dienen. Schade, dass die Spieleengine das Renngeschehen nicht in gleicher Qualität auf den Bildschirm bringt. Die vielen unterschiedlichen Events, verteilt auf mehrere Fahrzeugklassen, bieten eine gute Abwechslung. Hier kann man einige Stunden verbringen, bis alle Ziele gemeistert sind.

Online Multiplayer
Hier stehen euch die drei Modi "Schnelles Spiel", "Geplantes Event" und "Eigene Lobby" zur Verfügung. Schnelles Spiel sucht direkt nach einer beliebigen Mehrspieler Lobby. Geplante Events ändern sich alle paar Stunden. Es stehen immer 6 verschiedene Events zur Auswahl, die jeweils eine andere Startzeit haben. Bis zur Startzeit könnt ihr euch mit der Strecke vertraut machen und für die Rennteilnahme qualifizieren. Das System kennen wir bereits aus GT Sport. Unter "Eigene Lobby" kann man wahlweise selbst eine Lobby erstellen oder bestehenden Lobbys beitreten. Dabei werden aktuell alle verfügbaren Lobbys einfach nur in einer Liste angezeigt, es gibt noch keine Such- oder Filtermöglichkeit. Euch stehen alle Fahrzeuge und Strecken von Project Cars 3 zur Verfügung, unabhängig davon, ob ihr diese bereits freigespielt habt oder nicht.

Eigenes Event
Euer Rennen – eure Regeln. Es sind Rennen mit max. 32 Fahrzeugen und bis zu 99 Runden möglich. Wetter, Tages- und Jahreszeit sind wählbar. Auch ein dynamischer Wetterverlauf und Zeitraffer ist einstellbar. Hier kommen vermutlich eher die Simulations-Fans auf ihre Kosten und können Rundenzeiten verbessern oder einfach schnelle Rennen gegen die KI fahren.

Screenshot von Project Cars 3

Fahrzeuge

In Project Cars 3 stehen insgesamt über 200 Renn- und Straßenwagen zur Verfügung. Insbesondere Porsche und Ferrari sind mit sehr vielen Modellen vertreten aber auch fast alle anderen namhaften Hersteller, sowie einige Exoten, wie z.B. der Rimac C Two, sind mit im Spiel. Auf www.projectcarsgame.com gibt es die komplette Fahrzeugliste. Die Fahrzeugmodelle sind sehr detailliert, erreichen aber nicht die Qualität von GT Sport. Fahrzeuge für den Karrieremodus müsst ihr zuerst per In-Game Credits im Showroom kaufen. Dort gibt es auch immer wechselnde Spezialangebote. Einige Fahrzeuge erfordern dabei zusätzlich ein bestimmtes Fahrerlevel. Außerhalb der Karriere stehen aber immer alle Fahrzeuge zur Verfügung. Lackierung, Nummernschild, Felgen und Reifen lassen sich an die eigenen Vorlieben anpassen. Es gibt auch Sticker / Folien aber die bleiben weit hinter dem Folieneditor von GT Sport zurück und sehen zudem leider sehr pixelig auf dem Auto aus. Neben den rein optischen Anpassungsmöglichkeiten gibt es auch Upgrades für verschiedene Fahrzeugteile, mit denen man die Leistung steigern kann. Aber Vorsicht beim Tunen, denn wenn ihr anfangs schon zu viele Upgrades in euer erstes Auto steckt, kann es sein, dass ihr nicht mehr die entsprechenden Klassenanforderungen für die aktuellen Events eurer Karriere erfüllt. Dann müsst ihr die gekauften Updates wieder rückgängig machen. Leider gibt es keine schnelle Möglichkeit das zu tun, ihr müsst jedes Teil einzeln wieder ausbauen und für die Standardteile sogar nochmal je 50 Credits Montagegebühr zahlen. Eine Warnung vorab wäre hier wünschenswert, zumal man nicht immer exakt erkennen kann, ob das gewählte Upgrade einen auf die nächste Stufe hebt.

Screenshot von Project Cars 3

Strecken

Mehr als 120 Strecken aus der ganzen Welt haben es ins Spiel geschafft. Darunter sind vor Allem viele echte Rennstrecken (Nürburgring, Imola, Monza, Brands Hatch, Sakitto uvm.) Es gibt aber auch Stadtkurse (Shanghai, Monaco, Havanna, Long Beach), Landstraßen (Californien, Colorado / Monument Canyon, Toskana, Côte d'Azur), Ovale (Daytona, Indianapolis) und sogar die Porsche Teststrecke in Leipzig. Die Strecken bieten also sehr viel Abwechslung und wurden wieder originalgetreu ins Spiel übernommen. Meist sind mehrere verschiedene Streckenlayouts verfügbar. Alle Strecken nach Ländern sortiert findet ihr auf der offiziellen Website. Das dynamische Wetter hat hier übrigens ein paar Einschränkungen, man kann zum Beispiel keinen Schneesturm im Monument Canyon einstellen, was ich optisch interessant gefunden hätte. Am Besten sehen die Strecken – insbesondere die Stadtkurse – bei Dämmerung und / oder Regen aus. Die Curbs sind mit Lenkrad und Controller deutlich spürbar. Gummiabrieb, der die Haftung der Reifen im Rennverlauf verändert oder Gras und Kies, die nach einem ungewollten Exkurs am Reifen kleben, gibt es in Project Cars 3 leider nicht mehr.

Screenshot von Project Cars 3

Gameplay & Steuerung

In Project Cars 3 messt ihr Fahrkönnen mit anderen Spielern oder der KI in Rennen, versucht in Zeitrennen wertvolle Sekunden zu gewinnen oder kleine Meisterschaften für euch zu entscheiden. In seltenen Breakout Events müsst ihr Punkteblöcke zerstören, die auf der Strecke verteilt sind. Die Blöcke sind dabei stellenweise so angeordnet, dass man sich für enge oder weite Kurven entscheiden muss. Mir hat dieser vom Rallyespiel Dirt inspirierte Modus sehr gut gefallen und ich hätte mir mehr davon gewünscht. Hier wäre durchaus noch Spielraum für eigene Ideen gewesen, leider hat man alles schon mindestens einmal in einem anderen Rennspiel gesehen. Wie in einer Rennsimulation üblich spielen sich alle Fahrzeuge unterschiedlich. Man spürt wenn das Heck ausbricht und kann gegenlenken. Im freien Training kann man die Kurse auch einfach zum Cruisen oder als Driftstrecken nutzen und Donuts im Kiesbett machen. Fürs Driften gibt es sogar EP. Extrem viel Spaß hatte ich im Test mit den offenen Fahrzeugen, wie dem KTM Crossbow, Bac Mono, Watson Roadster oder den kleinen Flitzern von Lotus.

Für Siege, saubere Manöver und gute Leistung erhält man als Fahrer immer Erfahrungspunkte. Jedes Fahrzeug hat ebenfalls ein Fahrzeuglevel und profitiert somit von der häufigen Nutzung. Dabei ist es egal, ob man die Karriere spielt oder in Online Rennen antritt, man sammelt immer EP. Je höher man mit einem Auto im Fahrzeuglevel steigt, umso günstiger werden die Teile in der Werkstatt dank prozentualem Upgrade-Rabatt. Prinzipiell hat mir das neue Fortschrittssystem gut gefallen. Es kann durchaus motivieren ein Rennen erneut zu spielen und sich zu verbessern, um neue Credits und EP zu bekommen. Leider benötigt man immer ein passendes Fahrzeug, um ein Rennevent spielen zu können. Besser hätte mir gefallen, dass man sich ein Fahrzeug wählen kann und bei erfolgreichem Abschluss als Belohnung behalten darf. So muss man sich ständig Credits verdienen, um an Events teilzunehmen. Die Credits gibt es für erfolgreiche Rennen. Erfahrungspunkte bringen hingegen nur indirekt Credits durch Stufenaufstiege. Das Abschließen von Zielen gibt leider nur Erfahrungspunkte.

Vor jedem Rennen kann man noch die KI-Schwierigkeit in 7 Stufen und Aggressivität in 5 Stufen anpassen, was dann aber Auswirkungen auf den EP Multiplikator hat. Im Rennen hat mir die Gegner KI nicht ganz so gut gefallen. Unabhängig von der Schwierigkeit und Aggressivität verhalten sie die Gegner oft seltsam. Mal wird man gerammt, wie man es sonst eher aus dem Multiplayer kennt, dann zieht die Gegnerschwierigkeit von einer auf die andere Runde plötzlich unerklärlich an. Ich hatte die Vermutung, dass dieses Verhalten mit Wetteränderung zu tun hat, kann es aber nicht zu 100% bestätigen. In engen Haarnadelkurven stehen auch schon mal alle Fahrzeug so dicht zusammen, dass es sekundenlang garnicht vorwärts geht. Das Spiel ist im Gegenzug aber auch sehr verzeihend, wenn ihr Gegner rammt.

Die komplette Wiederholung eines Rennens lässt sich speichern, nicht nur die letzten 4 Minuten, wie in ACC. Es treten allerdings vermehrt Ruckler und Performance Probleme bei der Wiedergabe auf. Das eigene Fahrzeug wird oft sehr seltsam dargestellt. Da scheint ein Problem mit dem Focus und einem Unschärfefilter vorzuliegen. Auch im Fotomodus tritt das Phänomen auf und man muss dort manuell auf Knopfdruck den Focus neu justieren. Vermutlich lässt sich das aber noch durch ein Update beheben. Qualitativ liegt Project Cars 3 in dieser Hinsicht aber noch meilenweit hinter GT Sport mit seiner fast schon fotorealistischen Replay-Funktion, bei der es wirklich schön ist, sich nochmal ein Rennen anzusehen.

Die Controllerbelegung ist frei editierbar. Project Cars 3 lässt sich wirklich erstaunlich gut mit dem Controller spielen. Selbst mit komplett deaktivierten Fahrhilfen sind die Autos noch einigermaßen gut kontrollierbar. Die optionalen Fahrhilfen gehen sogar so weit, dass man fast nur mit dem Gaspedal eine komplette Runde fahren kann. Das könnt ihr euch so ähnlich wie bei einer Carrera-Bahn vorstellen. Ich empfand es zwar eher als störend, wenn das Fahrzeug ein derartig großes Eigenleben entwickelt, selbständig lenkt oder die Gasannahme verweigert aber vielleicht gibt es ja tatsächlich Spieler, die das genau so mögen. Da man die Handling-Hilfen nach Belieben einstellen kann, dürfte hier jeder ein passendes Setting finden. Es stehen die Profile Anfänger, Fortgeschrittene und Profis zur Verfügung oder man kann alles komplett benutzerdefiniert einstellen. Bei Lenkhilfe, Bremsassistent und Traktionskontrolle kann man zwischen aus, niedrig und hoch wählen. Für ABS und Stabilitätsprogramm steht nur an oder aus zur Verfügung.

Unterstützte Lenkräder sind, wie schon von den Vorgängern gewohnt, sehr präzise anpassbar. Alle verfügbaren Tasten sind belegbar. Die auf dem Logitech G29 verfügbaren Zusatztasten musste ich manuell konfigurieren, das Standardsetting sieht deren Verwendung nicht vor. Force Feedback Einstellungen, Totzonen für Lenkrad und Pedale, manuelle Gangschaltung usw. ist alles vorhanden. Schade, dass es keine Erklärungstexte zu den einzelnen Settings gibt, denn dann hätte ich vielleicht auch verstanden, was die Force Feedback Einstellung "Ton" sein soll. Die Force Feedback Standardeinstellung hat Slightly Mad Studios bereits in einem Update nachgebessert. Ich habe nur minimale Änderungen vorgenommen. Die Lenkradsteuerung funktioniert gewohnt problemlos und der Lenkeinschlag im virtuellen Cockpit entspricht exakt dem meines Logitech G29 Lenkrads. Im Vorgänger war allerdings noch wesentlich mehr einstellbar. Dadurch dass man bei der Platzierung von Aufklebern mit dem rechten Stick die Position wählt, ist das mit dem Lenkrad nicht bedienbar und man muss zusätzlich einen Controller nutzen. Dabei wäre es leicht gewesen hierfür Tasten des Lenkrads zu nutzen. Aber das Problem tritt auch bei der Genrekonkurrenz auf.

In den Standard-Einstellungen ist Project Cars 3 voll auf Arcade getrimmt. Wenn man sich die Zeit nimmt, lässt sich das Spiel aber auch wieder deutlich mehr auf Sim-Racer umstellen. Schade, dass es hier keine Presets gibt, die einem das erleichtern. So muss man sich dafür durch zahlreiche Menüs klicken, um Gameplay, Steuerung, Fahrhilfen und HUD einzeln anzupassen. Aber da man das in der Regel nur einmal macht, lässt sich das verschmerzen.

Screenshot von Project Cars 3

Grafik & Sound

Im direkten Vergleich zum Vorgänger hat sich grafisch nicht wirklich viel getan. Die Autos und Strecken sehen gut aus und sind detailgetreu nachgebildet aber je mehr Fahrzeuge gleichzeitig auf der Strecke sind, umso mehr leidet die Grafik. Eine Cockpitansicht war für alle von mir getesteten Fahrzeuge vorhanden, Schmutz und Schlieren auf der Scheibe sehen bei Sonneneinstrahlung sehr realistisch aus. Die Helmkamera bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück, hier konnte Assetto Corsa Competizione mehr überzeugen. Bei ACC veränderte sich das komplette Fahrgefühl in der Helmkamera, weil die Kopfbewegungen dort simuliert werden. In Project Cars verschlechtert sich einfach nur die Sicht durch das zerkratzte Visier, in dem sich die Sonne zusätzlich spiegelt, noch ein wenig. Abseits der Strecke sieht es leider nicht so gut aus. Bei schneller Fahrt im Renngeschehen fällt das zwar nicht ganz so auf aber die Umgebung ist doch sehr niedrig aufgelöst. Die Kantenglättung klappt aber dafür etwas besser als bei ACC, die Streckenbegrenzung flimmert dort gerne mal etwas. Auf der aktuellen Konsolenhardware ist hier scheinbar langsam das Limit erreicht. Pluspunkte sammelt Project Cars 3 durch die Wettereffekte und möglichen Lichtsituationen. Beides kann sich durch einen wählbaren Zeitraffer auch während eines Rennens verändern. Besonders gut gefallen hat mit das Gewitter mit riesigen Blitzen und krachendem Donner.

Der Grafikmodus lässt sich zwischen Priorität auf Framerate und Auflösung umschalten. Auch in den Grafikeinstellungen gibt es deutlich weniger Optionen. Blendenflecke, Hitzeflimmern oder Dreck kann man diesmal nicht einzeln regeln, wie das noch in Project Cars 2 möglich war. Die Kameraposition bzw. das Sichtfeld ist nur für die Cockpit und Helmkamera einstellbar, bei den anderen Kameras muss man mit den Voreinstellungen leben. Zur Auswahl stehen die normale Verfolgerkamera, die weite Verfolgerkamera, eine Cockpit- und Helmansicht, wie auch Kamerapositionen an der Stoßstange, Motorhaube und auf dem Dach des Fahrzeugs. Kamerawackeln und der Helmblick zum Scheitelpunkt lassen sich einstellen. Man kann alle Bildschirmanzeigen (HUD) einzeln deaktivieren und den Transparenzgrad wählen. Auch die Karriereziele, Erfahrungspunkte und Benachrichtigungen sind abschaltbar. Hier lässt sich das Spiel also optisch zwischen Arcade und Simulation umschalten.

Im Audiomenü stehen euch zusätzlich zur Hauptlautstärke noch 6 verschiedene Tonspuren für die Feinabstimmung zur Verfügung. Im Vorgänger waren es noch 11 getrennte Tonspuren. Der Dynamikbereich kann zwischen Kopfhörer, TV und Hifi umgeschaltet werden. Die Sounds sind besonders mit Kopfhörern schön knackig und spiegeln die einzelnen Fahrzeuge wieder. Qualitativ kommt hier Project Cars aber nicht ganz an Assetto Corsa ran, wo die Soundeffekte wirklich brachial sind.

Die Menüführung ist unkompliziert und übersichtlich. Die Menüs reagieren flott auf Eingaben und die Übergänge sind flüssig animiert. Leider sind die zahlreichen EP-Aufstiege und Auszeichnungen nach einem Rennen nicht abschaltbar und so muss man jedesmal die kurze Animation abwarten und kann erst danach weiter springen. Teilweise muss man nach dem Rennen 5 mal klicken, um sich durch Siegerehrung, Auszeichnungen, Spielerlevel, Fahrzeuglevel und Eventlevel wieder ins Menü zu hangeln. Die Menüs und Untertitel sind in mehreren Sprachen verfügbar, bei der Sprachausgabe hat sich der Entwickler auf Englisch beschränkt.

Screenshot von Project Cars 3

Fazit

Project Cars 3 ist ein mutiger Schritt in eine neue Richtung. Die neue Kernzielgruppe sind jetzt ganz klar eher Arcade-Spieler und nicht mehr Simulations-Fans. Die Enttäuschung über den Wegfall vieler zuvor vorhandener Features kann ich komplett nachvollziehen. Es ist mir auch unverständlich, warum der Entwickler es nicht geschafft hat, hier einen einfachen Wechsel zwischen Arcade und Simulation zu ermöglichen und alle fortgeschrittenen Features dann eben nur in der Simulation zur Verfügung zu stellen. Für die bestehende Community ist der neuste Teil definitiv ein Schlag ins Gesicht. Wer eine Hardcore-Rennsimulation sucht, ist mit Assetto Corsa Competitione besser beraten. Für Einsteiger ins Sim-Racing bietet Project Cars 3 zu wenig Hilfen und Erklärungen. Die Ideallinie wurde entfernt und anders als in Gran Turismo Sport gibt es keine Fahrschule oder Tutorials mit denen man lernt die Strecken zu meistern. Auf der Suche nach einem Arcade-Rennspiel ohne Storyelemente kann man durchaus hier fündig werden. Echte Innovationen oder eigene Ideen fehlen dem Spiel leider völlig. Man hat sich frech bei Allem bedient, was es aktuell an Rennspielen gibt und der Summe der Einzelteile fehlt nun irgendwie eine eigene Identität. Trotzdem kann man durchaus viel Spaß auf den zahlreichen Rennstrecken haben. Die solide Basis aus realistischer Fahrphysik und guter Steuerung per Lenkrad und Controller kann überzeugen. Grafik und Sound sind weiterhin auf einem hohen Niveau aber eine spürbare Verbesserung zum Vorgänger fehlt leider. Die Auswahl an Fahrzeugen und Strecken ist groß und abwechslungsreich. Wenn man gerne Autos und Upgrades freispielt, gibt es sehr viel zu tun. Die Präsentation des Karrieremodus ist zwar etwas nüchtern aber zweckmäßig. Es gibt viele unterschiedliche Events, Spielmodi und Herausforderungen. Wem das noch nicht reicht, der kann sich ja mit anderen Spielern online um den 1. Platz auf dem Treppchen streiten. Der Multiplayer lief im Test ohne größere Probleme, mir fehlte nur eine Suche oder Filtermöglichkeit bei den Lobbys.

Allerdings ist Project Cars 3 noch nicht ganz frei von Bugs: In der Werkstatt konnte ich bei der Wahl der Felgenfarbe keinen Unterschied zwischen Glanz, Matt, Metallic oder Chrom feststelle und die kleine Vorschau zur Auswahl des Fahrzeugs wird meist nicht angezeigt. Die Texturen sind manchmal schwammig, Sticker verpixelt, vereinzelt kommt es zu seltsamen Lichteffekten auf der Strecke. Alles nicht wirklich dramatisch, es kam aber auch mehrfach zu Abstürzen und die Wiederholungsfunktion ist aktuell noch völlig unbrauchbar. Was mich zudem wirklich genervt hat, ist dass man für alles Credits benötigt. Selbst beim Wechseln von bereits erworbenen Teilen wird man erneut zur Kasse gebeten. Dadurch dass ich für den Test zuerst alle Menüs durchgeklickt und sämtliche Credits in Tuning Parts gesteckt hatte, befand ich mich dadurch sogar in einer Sackgasse und konnte die Karriere nicht fortsetzen. Die einzige Lösung war den Spielstand zu löschen und neu zu beginnen. Sowas sollte wirklich vermieden werden. Auch dauert es relativ lange bis man genug Credits für neue Fahrzeuge zusammen hat, so kann man oft an bereits freigeschalteten Rennen garnicht teilnehmen, weil man kein Fahrzeug der benötigten Klasse oder aus dem richtigen Baujahr hat. Ich hoffe sehr, dass nicht irgendwann auch noch Mikrotransaktionen ins Spiel kommen. Einige kosmetische Items sind auch jetzt bereits nur per DLC verfügbar.

Ob Project Cars 3 etwas für euch ist, müsst ihr euch selbst beantworten. Es hängt stark davon ab, welche Erwartungen ihr an das Rennspiel habt. Nicht nur mit dem Controller, sondern auch mit dem Lenkrad und ohne Fahrhilfen kann Project Cars 3 richtig Spaß machen und für viele spannende Stunden sorgen. Seht es vielleicht nur besser nicht als echten Nachfolger der bekannten Rennserie, sondern als völlig neues Spiel. Man hätte dem Kind vielleicht einen anderen Namen geben sollen, denn wenn man darüber hinweg sieht, dass es kein echtes Project Cars mehr ist und es davon losgelöst betrachtet, stimmt das Gesamtpaket.

Pro

  • große Fahrzeug- und Streckenauswahl
  • dynamisches Wetter und Tageszeit
  • knackige Motorensounds
  • Einsteigerfreundlich
  • viel Freispielbares (Autos & Tuning)

Contra

  • grafisch keine echte Weiterentwicklung
  • keine richtige Rennsimulation mehr
  • viele kleine Fehler und Abstürze
  • Replay völlig unbrauchbar (Bugs)
  • etwas zu langsamer Fortschritt (Credits)

Wertung

Testergebnis: 75%

7.5 Gut

Kaufempfehlung

60% Kaufempfehlung

60%Angebot abwarten

Getestet wurde Project Cars 3 auf PS4 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.04 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Project Cars 3 wurde uns von Bandai Namco Entertainment Europe kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!