Review

Rise of the Ronin · Test

Veröffentlicht am 07.04.2024 von Tobias Creter

Titelbild von Rise of the Ronin (PS5)

Harter Stahl und ehrenvolle Pfade - Team Ninja wagt sich ins Open World Genre

Mit Rise of the Ronin betritt das renommierte Entwicklerstudio Team Ninja Neuland. Bekannt für seine knallharten Soulslike-Spiele wie Nioh und Nioh 2 oder Wo Long: Fallen Dynasty, wagt sich das Studio nun erstmals in das Open-World-Genre. Dabei präsentiert sich das Spiel weniger als traditionelles Soulslike, sondern eher als ein Mix aus Assassin's Creed und Ghost of Tsushima. mit einer kleinen Prise Sekiro: Shadows Die Twice. Insgesamt ist es aber zugänglicher und durch den wählbaren Schwierigkeitsgrad auf Wunsch auch deutlich leichter.

Als erfahrener Entwickler von actionreichen und herausfordernden Spielen stellt sich Team Ninja der neuen Herausforderung, eine offene Spielwelt zu erschaffen, die mit ihrer Größe, Freiheit und Tiefe beeindruckt. Doch sind auch genug eigene Ideen in das Spiel geflossen? Lohnt sich das Action RPG trotzdem auch für Souls Fans? Diese und weitere Fragen werden in unserem Test beantwortet.

Screenshot von Rise of the Ronin

Zwischen Ehre und Rache – Ein Samurai-Epos im Japan des 19. Jahrhunderts

In einer Ära, in der Japan von politischen Unruhen erschüttert wird, entfaltet sich die epische Geschichte von Rise of the Ronin. Japan, 1863. Das Shogunat herrscht mit eiserner Hand, während Aufstände in der Zivilgesellschaft brutal niedergeschlagen werden. Unsere Hauptfiguren, zwei tapfere Samurai, gehören einem Clan an, der sich trotz der Gefahren dem Unterdrückungsregime mutig entgegenstellt.

Inmitten dieser düsteren Zeiten beginnt unser Abenteuer mit einem schicksalhaften Zwischenfall: Zwei Geschwister, vereint im Kampf für Gerechtigkeit, werden von einem mysteriösen maskierten Krieger besiegt. Doch dieser erlaubt nur einem von ihnen, zu entkommen. In einem ergreifenden Moment der Entscheidung müssen wir wählen, welcher Zwilling die Reise fortsetzen wird. Als dieser auserwählte Krieger brechen wir auf, um das Schicksal unseres verschollenen Zwillings zu ergründen und herauszufinden, was hinter seiner Verschleppung steckt.

Doch die Reise ist gefährlich und voller Herausforderungen: Zwischen den Anhängern des Shogunats und den aufständischen Kräften stecken wir fest und müssen unseren Weg durch das Intrigenspiel der Macht navigieren. Rise of the Ronin entführt uns in eine faszinierende Welt voller Geheimnisse, Konflikte und moralischer Entscheidungen. Unsere Suche nach Wahrheit und Rache führt uns durch eine mitreißende Geschichte voller Wendungen und unerwarteter Enthüllungen.

Screenshot von Rise of the Ronin

Gameplay & Steuerung

In Rise of the Ronin verschmelzen die Traditionen der Samurai mit dem taktischen Geschick eines Ronin, der keinen Meister hat. Das Spiel bietet ein vielschichtiges Gameplay, das sowohl Anfänger als auch erfahrene Spieler herausfordert und begeistert. Es stehen vier Schwierigkeitsgrade zur Verfügung, von Morgengrauen bis Mitternacht, wobei Letzterer erst nach dem ersten Spieldurchgang freigeschaltet wird. Das ermöglicht es Spielern aller Erfahrungsstufen, das Spiel auf ihre bevorzugte Weise zu erleben.

Der Einstieg in Rise of the Ronin beginnt mit einem umfangreichen Charaktereditor, in dem Spieler nicht nur das Aussehen ihres Charakters gestalten können, sondern auch zwischen sechs unterschiedlichen Klassen wählen können. Jede Klasse zeichnet sich durch verschiedene Attribute, empfohlene Waffen und besondere Fähigkeiten aus, was eine individuelle Herangehensweise an das Spiel ermöglicht.

Das Kampfsystem des Spiels ist anspruchsvoll und zugänglich zugleich. Spieler müssen den Umgang mit verschiedenen Waffen erlernen, Spezialtechniken beherrschen und geschickt ausweichen, um in den Kämpfen zu bestehen. Besonders wichtig ist die Parierfunktion, die als Konterfunken bezeichnet wird und es Spielern ermöglicht, Angriffe abzuwehren und Gegner in Panik zu versetzen. Erfolgreiche Konterangriffe reduzieren das maximale Ki der Gegner, was eine strategische Komponente in die Kämpfe einbringt.

Auch das komplexe Levelling System kann mit vielen Optionen für unterschiedliche Spielstile überzeugen. Die Progression ist sehr linear und auch relativ flach, so kommt gefühlt ständig ein neues Gameplay Element hinzu oder wird verbessert – kein ewiger Grind, wie in so manch anderem Spiel.

Unterwegs sammelt man Unmengen an Ressourcen, Waffen und Ausrüstung, die aber viel zu gleichartig sind. Das macht die zahlreichen Händler eigentlich überflüssig, denn bis auf wenige Ausnahmen findet man von allem auch so schon genug, wenn man einfach nur der Story und ein paar Nebenquests folgt. Es gibt zwar viele Waffenkategorien aber die einzelnen Waffen bieten kaum Abwechslung und unterscheiden sich hauptsächlich durch die Stats und zu wenig in der Optik oder durch spezielle Attacken oder Eigenschaften. Trotzdem macht es Spaß mit den Waffenklassen und deren Kombination zu experimentieren.

Die Charaktere sind glaubwürdig und ihre Geschichten spannend. Die Story wird in kurzen Zwischensequenzen und über Dialoge erzählt. Im Spielverlauf muss man des öfteren Entscheidungen treffen, die den weiteren Verlauf beeinflussen. Sehr willkommen ist dadurch die Funktion der Zeitreise, mit der man getroffene Entscheidungen rückgängig machen kann und so die Möglichkeit hat die erlebte Story zu verändern, ohne einen kompletten neuen Durchgang starten zu müssen.

Mit Pferd, Gleiter und Greifhaken kommt man sehr schnell in der Welt voran und es gibt auch viele Schnellreise Punkte. Das hilft beim Abarbeiten der Quests, die einen schon öfter mal von A nach B über C und wieder zurück schicken. Leider regt die Open World bei weitem nicht so stark zum Erkunden ein, wie beispielsweise Elden Ring.

Der gesamte Loot ist zu wenig belohnend und einfach nicht einzigartig genug. Auch die Gegnervielfalt lässt zu wünschen übrig. So kommt es öfter vor, dass man sich mit eine Gruppe von eineiigen Fünflingen herum schlägt, die sich auch in den Angriffsmustern nicht unterscheiden. Bei anderen Settings, beispielsweise einer Horde Monstern oder Zombies, fällt so etwas weniger störend auf als bei menschlichen Gegnern. Hier hätte mehr Abwechslung gut getan. Die KI der Gegner ist wirklich schlecht und beim Versuch zu Schleichen auch relativ schlecht vorhersehbar.

Man schaltet zwar irgendwann die Möglichkeit frei NPCs zu belügen und einzuschüchtern aber in den meisten Fällen läuft es dann doch auf einen Kampf hinaus. Unnötig oft bekämpft man Gegner, nur um dann, nachdem man sie im Kampf besiegt hat, plötzlich ganz ruhig mit ihnen zu plaudern.

Es gibt einen Koop Modus aber dieser ist leider sehr restriktiv. Man kann nicht das komplette Spiel gemeinsam spielen, nur die Hauptmissionen. Wenn man gemeinsam versucht möglichst leise vorzugehen oder sich zusammen durch Gegner schnetzelt macht das Spiel aber am meisten Spaß. Verstanden habe ich diese Einschränkung nicht, denn grade in der Open World ist es doch am Unterhaltsamsten, wenn man sie zusammen erkunden kann.

Die Steuerung ist präzise und reaktionsschnell, was es Spielern ermöglicht, sich mühelos durch die Welt zu bewegen und komplexe Manöver auszuführen. Jedoch gibt es gelegentlich Situationen, in denen man an Hindernissen hängen bleibt oder durch die komplexe Steuerung ungewollte Aktionen ausführt. Größere Probleme mit der Steuerung gibt es aber nicht.

Durch die aufgeführten Kritikpunkte erreicht Rise of the Ronin leider nicht nicht die Stärken der anderen Spiele. Es ist wie ein Versuch einfach alle erfolgreichen Elemente zu mischen, um das perfekte Spiel zu erzeugen. Aber das hat so noch nie funktioniert. Die Open World enttäuscht im Vergleich mit den Genregrößen. Es gibt zwar viel zu tun und es sind auch sehr unterschiedliche Aufgaben, trotzdem wirkt alles insgesamt zu generisch und repetitiv.

Screenshot von Rise of the Ronin

Grafik & Sound

Die visuelle Darstellung von Rise of the Ronin entführt die Spieler in das eindrucksvolle Setting des historischen Japans. Die liebevoll gestalteten Städte und das abwechslungsreiche Umland bieten eine atmosphärische Kulisse für das Abenteuer des Ronin. Trotzdem bleibt zu erwähnen, dass die Grafik des Spiels nicht ganz den Erwartungen entspricht. Obwohl die Umgebungen schön anzusehen sind, leiden sie unter matschigen Texturen und wenig detaillierten Modellen, insbesondere im Performance-Modus, der auf 60 fps abzielt. Einige Details laden zudem erst dann nach, wenn der Spieler ihnen nahe kommt, was die Immersion beeinträchtigen kann. Die anderen beiden Grafik Modi (Grafik & Raytracing) können mit der niedrigen und instabilen Framerate in einem so actionlastigen Spiel ebenfalls nicht überzeugen.

Die Grafik von Rise of the Ronin wirkt einfach nicht mehr ganz zeitgemäß, insbesondere im Vergleich zu anderen "aktuellen" Titeln wie Horizon Forbidden West. Hinzu kommen gelegentliche Ruckler im Performance-Modus, die das Spielerlebnis trüben können und einen Eindruck vermitteln, der eher an ältere Konsolengenerationen erinnert.

Die Musik und Sounds sind atmosphärisch und passen perfekt zum Setting und den schnellen, intensiven Kämpfen. Jedoch können einige Sounds, wie etwa das eigene Pferd, das unerwartet eher wie ein Wildschwein klingt, gelegentlich verwirrend sein. Insgesamt trägt die erstklassige akustische Präsentation jedoch maßgeblich zur Immersion in die Welt von Rise of the Ronin bei und verstärkt das Spielerlebnis.

Die deutsche Synchronisation von Rise of the Ronin ist größtenteils solide. Dennoch fällt auf, dass einige Sprecher überhaupt nicht zum Charakter passen, was gelegentlich die Immersion stören kann. Außerdem bietet das Spiel auch die Optionen für englische und japanische Sprachausgabe, natürlich mit optionalen Untertiteln, um die Spielerfahrung individuell anzupassen.

Screenshot von Rise of the Ronin

Fazit

Das neue Werk von Team Ninja ist ein einsteigerfreundliches Soulslite im Samurai-Setting mit einer etwas eintönigen Open World. Trotz solider Ansätze wirkt Rise of the Ronin in der Umsetzung inkonsequent. Loot und Handelswaren erscheinen relativ belanglos und obwohl das Spiel viele Mechaniken bietet, können die meisten auch einfach komplett ignoriert werden, um voranzukommen. Rise of the Ronin versucht die eierlegende Wollmilchsau zu sein und dabei bleibt die eigene Identität auf der Strecke. Nioh und Wo Long sind mehr auf den Punkt und können dadurch auch eher überzeugen. Trotzdem ist es ein Spiel mit dem man viele Stunden Spaß haben kann. Die fesselnde Story in einem unverbrauchten Setting bietet spannende Entscheidungsmöglichkeiten, die den Spielverlauf beeinflussen und es gibt auch viel zu tun. Insgesamt wirkt das Spiel aber überladen und sollte sich besser auf seine Stärken konzentrieren, anstatt Features anderer Spiele zu imitieren. Rise of the Ronin ist näher an typischen Ubisoft Open World Spielen, als an einem Soulslike und noch weit entfernt vom unfassbar guten Elden Ring.

Wer will kann das Spiel auch mit bis zu zwei Freunden im Koop zocken aber leider ist dieses Feature nur auf die Story Missionen beschränkt. Die Zeitreise, mit der man zuvor getroffene Entscheidungen nochmal ändern kann, ohne einen komplett neuen Durchgang zu starten, ist ein cooles Feature, das ich mir auch in anderen Spielen wünschen würde. Auch die Katzenvermietung und die Hunde, die man auf Reisen schicken kann, sowie die Möglichkeit durch Deko Gegenstände zusätzliche Vorteile zu erhalten sind interessante Ansätze, die aber durch die halbherzige Umsetzung leider auch etwas belanglos wirken.

Fans von Sammelaufgaben und Checklisten werden sicherlich ihre Freude haben, während Erkundungsliebhaber und Quest-Enthusiasten möglicherweise enttäuscht sein könnten. Souls-Fans könnten auf den höchsten Schwierigkeitsgraden ihre Herausforderung finden, jedoch erwartet sie kein neues Genre-Highlight.

Die Spieldauer liegt bei ca. 30-40 Stunden – je nach Schwierigkeitsgrad und Skill – oder auch weit mehr, wenn ihr alles erledigen und sammeln, sowie sämtliche Entscheidungsmöglichkeiten erschöpfen wollt. Das ist vom Umfang durchaus fair für den aktuellen Preis, sofern ihr dem Spiel seine technischen Schwächen verzeihen könnt.

Pro

  • Unverbrauchtes Setting
  • Spannende Story mit Entscheidungsmöglichkeiten
  • Sehr gutes Kampfsystem
  • Einige interessante Ansätze
  • Schwierigkeitsgrad wählbar
  • Solider Spielumfang
  • Zahlreiche Zugängigkeitsoptionen

Contra

  • Veraltet wirkende Grafik
  • Performance-Probleme
  • Geringe Gegnervielfalt
  • Schlechte Gegner KI
  • Loot wirkt etwas zu belanglos

Wertung

Testergebnis: 80%

8.0 Gut

Kaufempfehlung

70% Kaufempfehlung

70%Empfehlenswert

Getestet wurde Rise of the Ronin auf PS5 von Tobias Creter. Das Spiel lag uns zum Zeitpunkt von unserem Test in Version 1.003.000 vor. Das Test Exemplar / der Review Code für Rise of the Ronin wurde uns von Sony Interactive Entertainment Europe kostenlos zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!